Stift Heiligenkreuz – Bete und arbeite

Ein Artikel von Ing. Gerald Stiptschitsch | 12.12.2010 - 10:08

Es war Otto, der drittgeborene Sohn von Markgraf Leopold von Österreich, der seinen Vater davon überzeugte, in seinem Herrschaftsgebiet ein Cisterzienserkloster zu gründen.Otto reiste schon früh nach Paris, um dort eine internationale Ausbildung zu erhalten und trat dort in das Tochterkloster von Citeaux, Morimond ein. 1133 schenkte Leopold das Stiftungsgebiet und zwölf Mönche kamen aus Morimond, um hier ein Kloster zu gründen.

Ora et labora – zu deutsch „bete und arbeite“ – ist ein Grundsatz der Zisterzienser, der den Sinn der Ordensregel des Benedikt von Nursia umschreibt. Seither ist es die Absicht der Benediktiner, konsequent ein einfaches Leben nach den Regeln des hl. Benedikt zu führen. Also auch für die „Cistercienser“, die nichts anderes als Benediktiner sind und nach dem Vorbild des Klosters Citeaux (auf lateinisch „Cistercium“) leben. Ihr Schwerpunkt ist die Pflege des klösterlichen Lebens, der Liturgie und des gregorianischen Chorals in lateinischer Sprache. Hinzu kommt die Betreuung und Erhaltung von Land- und Forstwirtschaft, Weinbau und kleinere Gewerbebetriebe außerhalb der Klostermauern. Der einzelne Mönch besitzt nichts. Derzeit gehören dem Stift rund 70 Mönche an.

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Prozession im Kreuzgang

Rundgang
Der Stiftshof mit der Dreifaltigkeittsäule und die mittelalterliche Abteikirche sind frei zugänglich. Das eigentliche Zentrum des Klos­ters sieht man aber nur bei einer Führung, die allerdings die Bibliothek und die Privaträume der Mönche nicht inkludiert. Die Führung beginnt mit dem Kreuzgang – dem Zentrum der Klosteranlage. Er ist in romanisch-gotischem Stil erbaut und wurde 1240 in der heutigen Form vollendet. An der Wand stehen Grabsteine von Wohltätern, die im Mittelalter das Kloster mit Grundstücken, Weingärten oder sonstigen Gaben beschenkten. Diese Gönner wurden hier im Kreuzgang aus Dankbarkeit begraben. Ein Teil des Kreuzganges wird Lesegang genannt, da sich hier die Mönche allabendlich zu einer Lesung versammeln. Von Bedeutung sind die grau-schwarzen Grisaille-Fens­ter, die teilweise noch aus dem 13. Jahrhundert stammen. Sie sind typisch für die Betonung von Schlichtheit und Schmucklosigkeit, welche den Orden im Mittelalter auszeichnete. Hier findet am Gründonnerstag nach dem Vorbild Christi auch die Fußwaschungsfeier statt. Abt und Mönche bieten hier die Fußwaschung an zwölf älteren Männern an.

Der Kapitelsaal
Er ist derVersammlungsraum der Mönche wo – zumindest in früheren Zeiten – bei jeder Zusammenkunft ein Kapitel aus der Heiligen Schrift vorgelesen wurde. Interessant ist, dass dieser Raum auch als Grablege der fürstlichen Förderer des Klosters dient und ein wichtiger historischer Ort Österreichs ist: denn Heiligenkreuz ist die letzte Ruhestätte für das Geschlecht der Babenberger. So ist hier u. a. der Babenbergerherzog Leopold V. begraben, der König Richard Löwenherz gefangen nahm. Auch Markgraf Leopold IV. liegt hier begraben. Sie sind unter einfachen Grabsteinen beerdigt, ein Hochgrab dominiert jedoch den Raum: das von Friedrich II. den Streitbaren (†1246), dem letzten Babenberger, der Österreich regierte. Gleich nebenan befindet sich die Totenkapelle, die im Mittelalter wahrscheinlich als Parlatorium in Verwendung war. Hier durften die Mönche trotz des allgemeinen Stillschweigens miteinander sprechen. Erst 1713 wurde der Raum barockisiert und als Totenkapelle ausgestattet. Wenn heute ein Mönch stirbt, wird er für etwa zwei Tage hier aufgebahrt, damit sich die Mönche von ihrem Mitbruder verabschieden können.

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Das Brunnenhaus war einst einzige Wasserstelle und diente auch als Waschküche. Hier findet sich in einem Glasgemälde auch die Abbildung von Otto von Freising.

Waschküche und Wasserstelle
Wir befinden uns immer noch im Kreuzgang und gehen weiter zum Brunnenhaus, das früher die einzige Wasserquelle der ganzen Klosteranlage war und auch die praktische Funktion einer Waschküche besaß. Noch heute ist der Brunnen in Betrieb und wird von einer eigenen Brunnenstube gespeist. Der Raum ähnelt einer prachtvollen Kapelle und besitzt gotische Glasfenster mit Darstellungen der Babenberger. Wir verlassen nun den Kreuzgang und durchqueren auf den Weg zur Sakristei die Fraterie, ein großer, leerer Raum mit Gewölben, der früher als Arbeitsraum diente. Hier waren einst die verschiedenen Werkstätten untergebracht, etwa Schusterei, Schneiderei, oder Tischlerei, und es war auch der einzig beheizte Raum im Kloster. Nebenan befand sich die Schreibstube, das Skriptorium, in dem die Mönche von Hand Bücher schrieben oder kopierten – ein wichtiger Erwerbszweig der damaligen Zeit.

Barocke Schmuckstücke
Da das Stift Heiligenkreuz finanziell stets im Wiederaufbau ungarischer Abteien engagiert war und es sich keinen völligen Neubau von Kirche und Klosteranlage leisten konnte (wie das bei vielen mittelalterlichen Kirchen in Österreich der Fall war), ist die mittelalterliche Bausubstanz bis heute erhalten geblieben ist. In der Barockzeit wurden aber auch hier einige Zubauten wie die Sakristei errichtet. Sie zeichnet sich durch ihre hochwertigen Barockfresken aus und die Schränke sind mit wertvollen Intarsienverzierungen versehen. In den Schränken werden auch heute noch Geräte und Gewänder für die Feier der Liturgie verwahrt.

Unsere Führung endet schließlich in der Abteikirche, eine Mischung aus romanischem und Barockem Stil. Hier dominiert vor allem die Kober-Orgel mit 2959 Pfeifen. Selbst Franz Schubert und Anton Bruckner haben auf ihr bereits gespielt, Schubert für sie sogar 1828 eine vierhändige Fuge komponiert.