Tamsweg: Wunder geschehen

Ein Artikel von REISEN Magazin/Gerald Stiptschitsch | 19.10.2020 - 12:17
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Neben Mariazell und St. Wolfgang zählte die Wallfahrtskirche St. Leonhard im Spätmittelalter zu den meistbesuchten Wallfahrtsorten auf dem heutigen österreichischen Staatsgebiet © Gerald Stiptschitsch

Nur wenigen Österreichern ist bekannt, dass neben Mariazell und St. Wolfgang die Wallfahrtskirche St. Leonhard ob Tamsweg im Spätmittelalter zum drittwichtigsten Wallfahrtsort zählte.

Das unerklärliche Verschwinden des hl. Leonhard

Die Kirche steht in exponierter Lage und der Platz hier wurde nicht rein zufällig gewählt. Im Jahr 1421 verschwand mehrmals aus der Pfarrkirche Tamsweg die Statue des hl. Leonhard, die hier auf dem Schwarzenberg jedes Mal in einem Wacholderstrauch wiedergefunden wurde. Nach dem ersten Vorfall wunderte man sich noch, nach dem zweiten Vorfall wurde das Bildnis vom Meßner in der Sakristei versperrt, verschwand jedoch abermals. So wurde schließlich die Statue dem Erzpriester von St. Michael und noch zwei weiteren Priestern übergeben, die diese in einer Truhe versperrten. Jeder legte ein Schloss an mit einem eigenen Schlüssel, den jeder bei sich trug – und trotzdem verschwand das Bildnis erneut. Als das Wunder bekannt wurde, setzte die Wallfahrt ein und durch umfangreiche Spenden konnte der Baumeister Peter Harperger beauftragt werden, eine Wallfahrtskirche genau an dieser Stelle des Wacholderstrauches zu bauen.
Am 20. September 1433 konnte die Wallfahrtskirche vom Bischof Johann Ebser von Chiemsee schließlich eingeweiht werden. Als dann 1478 erste Türkenvorstöße den Lungau erreichten, wurde die Leonhardskirche noch mit einer Befestigungsanlage versehen. Heute ist sie eine der ganz wenigen rein gotischen Sakralbauten im Salzburger Land, die auch eine sehenswerte Innenausstattung und wertvolle, schöne Glasfenster hat. 

Heilwasser vom Augenbründl

Dass dieser starke Platz auch eine Quelle mit starken Eigenschaften hervorbringt, versteht sich fast von selbst. Am früheren Kirchweg steht die kleine Augustinkapelle mit dem Augenbründl. Früher wurde hier am Weg zur Kirche immer Rast gemacht, um vor der heiligen Messe zu trinken, sich das Gesicht zu waschen und die Augen zu benetzen. Der tiefere Sinn des Augenbründls lag darin, sich mit dem Wasser trübe Blicke auszuwaschen, die oft die vielen Alltagsgeschehen verstellen. Eine Tafel direkt beim Bründl berichtet genau darüber: „... Dås ma a guate Augen kriagn und a weits Herz, wånn uns de Mitmenschen brauchen, b´sunders in Leid und Schmerz.“
Das Wasser, von den Einheimischen „Augenstil-Wasser“ genannt, hat durch seine rechtsdrehende Eigenschaft die gleiche Wirkung wie das Wasser von Lourdes. Es ist unbegrenzt haltbar und wurde von den Menschen immer verwendet, um Augenleiden zu lindern. Die kleine hölzerne Augustinerkapelle aus dem 17. Jh. steht unter dem Schutzpatron des hl. Augustinus, der im 4. Jh. den wahren Glauben predigte.

Kirche St. Leonhard

Lage: Tamsweg ist der Hauptort des ­Lungaus und ein Zentrum seit dem 14. Jh. In der Region haben sich Brauchtum und Kulinarik wie kaum in einem anderen Teil von Österreich entwickelt und bis heute erhalten.
Anfahrt: Salzburg A10 - Tauernautobahn, Abfahrt St. Michael im Lungau, Richtung Tamsweg und zur Kirche St. Leonhard über die Ortsumfahrung von Tamsweg.
Quelle: Die Quelle ist frei zugänglich und führt genügend Wasser.
Info: www.tamsweg.at

>> Wollen Sie noch mehr über Tamsweg und dessen Umgebung wissen? Dann kommen Sie mit auf unsere Wanderung: Von Zauberern, Schergen und Werwölfen.