Winter mit Geschichte

Ein Artikel von TWS | 12.12.2010 - 10:20

Der ersten Liebe begegnet man gleich am Anfang auf dem Franziskusweg, der sich von Niederau 3 km bis nach Oberau durch die verschneite Winterlandschaft schlängelt. Denn Bildhauer Hubert Flörl, der in der Wildschönau zuhause ist, hat hier das Schöpfungsgebet des Heiligen in neun bronzene Figuren am Wegesrand gegossen und neben der Liebe auch Mutter Erde, dem Feuer und dem Universum ein Denkmal gesetzt. Warum hier? „Weil einem das Herz aufgeht, wenn man an diesem Ort ist und einfach die Natur auf sich wirken lässt“, sagt er. Und man glaubt’s ihm. Und hat fast das Gefühl, dass gleich Clara daherkommen müsse, die Franz von Assisi der Legende entsprechend erst wieder sehen wird, wenn das Wunder geschieht und im Winter die Rosen blühen.

Lebendige, alte Zeit
Nicht ganz so weit in die Historie zurück wie zur Liebe der Heiligen führt ein Zwischenstopp ins Bergbauernmuseum z’Bach, das am Wegesrand liegt. Auf dem urigen Hof aus dem 18. Jahrhundert erzählen 1.200 Ausstellungsstücke Geschichten vom bäuerlich geprägten Leben in der Wildschönau. Die hölzernen Formen zum Butterwaschen, die großen Pfannen zur Zubereitung des Familienessens, die Kämme zum Beerenpflügen – man braucht nicht viel Phantasie, um längst vergangene Zeiten lebendig werden zu lassen.

Schnaps nach alter Tradition
Gänzlich ohne Phantasie spürbar ist die Wirkung des Krautingers, eines Schnapses aus der weißen Stoppelrübe, der nur in der Wildschönau gebrannt werden darf, seit Kaiserin Maria Theresia Mitte des 18. Jahrhunderts das Brennrecht verlieh. Heute sind es noch 15 Bauern, die das Tal mit dem Hochprozentigen versorgen, dem heilende Kräfte zugeschrieben werden und der die Region über ihre Grenzen hinaus bekannt gemacht hat. Einer dieser Bauern ist Josef Thaler. Er führt die Familientradition im Steinerhof fort und lässt nicht nur Franziskus-Wanderer den Rübensaft kosten.

Winterwanderwege
Die Wildschönau ist auch als Schiort bekannt und begehrt. Mit 26 Liftanlagen und 70 km Piste ist dies zwar nicht das größte österreichische Skigebiet, aber sicher eines der schönsten. Aber auch Nichtskifahrer finden ein breites Angebot mit Winterwanderwegen, Schneeschuhwanderungen sowie Rodelstrecken und Langlaufloipen vor.

Winter-Klettern
In der Wildschönau finden Naturgenießer selbst abseits der kleinen, feinen Skigebiete viele Anreize. Seit kurzem hat der Wildschönauer Zauberwinkel, Österreichs höchs­ter Natur-Hochseilgarten, auch im Winter geöffnet. Doch egal, ob Pistengaudi oder Baumwipfel-Erlebnis – der Blick auf die Zweitausender der Kitzbüheler Alpen am Horizont weckt immer Hochgefühle. Der Kletterparcours führt in mehreren Routen und einer Höhe von 17 bis 23 m zwischen hohen Fichtenstämmen von Krone zu Krone. Auf den insgesamt 22 Stationen kann man mit einem Guide auch im Winter an seine Grenzen gehen.

Genussregion Wildschönau

Die weiße Stoppelrübe verhilft der Wildschönau zum Titel „Genuss Region“ und das verdanken die bäuerlichen Krautingerbrenner u. a. Kaiserin Maria Theresia.Die Krautingerrübe wird hier seit Jahrhunderten zweimal geerntet. Kaiserin Maria Theresia verlieh den Bauern des Hochtals das alleinige Recht, aus der weißen Stoppelrübe einen Schnaps zu brennen.Nur hier wird auch der sogenannte „Krautinger“ gebrannt, ein Rübenschnaps, der nicht nur als traditionelles Hausmittel seine Dienste verrichtet. Heute widmen sich noch 15 Bauern dieser speziellen Brennkunst.Die weiße Stoppelrübe wird im Sommer und Herbst geerntet, sauber gewaschen und anschließend zu Brei verkleinert. Die Maische wird auf ein Drittel ihrer ursprünglichen Menge eingedickt, 48 Stunden mit Hefe angesetzt und schließlich gebrannt. Dabei ist höchste Qualität gefragt. Anstatt elektrisch beheizter Brennkessel wird nur Buchenholz verwendet, und eingefleischte Krautingerbrenner verwenden anstatt indus­triell erzeugtem Saatgut seit Generationen nur Samenkörner aus eigener Produktion.Die Krautingerrübe schmeckt aber auch als Wildschönauer Rübensuppe, als Rübeneintopf mit Geselchtem oder als pikanter Rübenstrudel hervorragend. Aber auch zur Speckjause schmeckt die Wildschönauer Krautinger-Rübe als gehaltvolle und gesunde Rohkost. Den Höhepunkt der Krautingersaison bildet die sogenannte Wildschönauer Krautingerwoche, die alljährlich in der ersten Oktoberwoche veranstaltet wird.