Die Krippen von Maria Taferl

Ein Artikel von REISEN-Magazin/Christiane Bartal | 16.11.2022 - 09:45
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Maria Taferl im Nibelungengau © Stefan_Leitner/Shutterstock

Den Maria Tafler Gastleuten Alois und Theresa Feyertag ist es zu verdanken, dass der beschauliche Ort über der Donau zwei der ältesten und größten mechanischen Krippen Österreich sein Eigen nennen darf. Sie beauftragten im Jahr 1892 den Mechaniker und Schlosser Leopold Steindl (1858–1935) aus Purgstall an der Erlauf damit, eine Krippe zu bauen, die die Geschichte des Wallfahrtsortes erzählt. Für Mariazell hatte Steindl bereits ein Modell mit der Mariazellerbahn errichtet, und für Purgstall eine Krippe, die das ländliche Leben abbildet. Seine Ehefrau Viktoria war Damenkleidermacherin und fertigte die Kleider der Modellfiguren an.

Eine Krippe zur Entstehung des Ortes

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Die „Mechanische Krippe“ von Maria Taferl aus dem Jahr 1892 erzählt mit über 300 Figuren die bewegte Entstehungsgeschichte des Wallfahrtsortes © Christiane Bartal

Entstanden ist dabei die „Mechanische Krippe“ von Maria Taferl, die nicht weniger als 300 Figuren auf einer Fläche von rund 20 m2 beinhaltet. Zu sehen sind neben einzelnen Abschnitten aus dem verborgenen Leben Jesu u. a. der Gemeindehirte Thomas Pachmann, der sich im Jänner 1633 beim Bäumefällen an den Beinen schwer verletzt haben soll und die Blutungen durch inständiges Gebet stillen konnte. An jener Stelle, wo einst der Baum stand, wurde der Überlieferung nach der Hochaltar der Basilika errichtet.
Ursprünglich wurde die Mechanische Krippe über eine Handkurbel betrieben, die jedoch später durch einen Elektromotor ersetzt wurde. Die komplexe Mechanik, bestehend aus Holzkonstruktion, Holzrädern, Zahnrädern und Lederriemen, lässt sich seitlich durch eine Glasscheibe zu bestaunen.
Zu finden ist die Mechanische Krippe auf dem Hauptplatz im hellblauen Haus (Nr. 7) neben dem Gasthof „Zum Goldenen Löwen“. Auf Knopfdruck geht das Licht an und die Figuren setzen sich in Bewegung. Während man gebannt dem Schauspiel folgt, erzählt eine Stimme aus dem Hintergrund die Geschichte zur Krippe. Der Eintritt ist frei, eine freie Spende zur Erhaltung dieses historischen Kleinods, um das sich ein eigens gegründeter Verein kümmert, ist aber erbeten.

Alpenpanorama mit Bahnromantik

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Die Miniaturlandschaft des „Alpenpanoramas“ © Christiane Bartal

Gleich nebenan, im Gasthof „Zum Goldenen Löwen“ der Familie Frey befindet sich die zweite bewegte Krippe von Maria Taferl: das Alpenpanorama. Ebenfalls von Leopold Steindl geschaffen, aber einige Jahre nach der „Mechanischen Krippe“, zeigt es deutlich die Weiterentwicklung des Erbauers. Die Miniaturlandschaft bildet das Alpenvorland ab und mit rund 100 beweglichen Figuren das Alltagsleben der Menschen um 1900.
Raffiniert inszenierte Details sind da zu entdecken: eine elektrische Eisenbahn, aus der die Fahrgäste herauswinken, schaukelnde Kinder, ein Ziegenbock, der ständig gegen einen Baum rennt, ein Bergmann, der plötzlich aus einem Stollen herausschießt, einen musizierenden Hirten oder einen Radfahrer, der kräftig in die Pedale tritt. Im Gegensatz zu einer orientalischen Krippe handelt es sich bei den beiden Maria Tafler Krippen um sogenannte Heimatkrippen, die das ländliche Leben zeigen.
Anders als die Mechanische Krippe, die ihren ursprünglichen Standort bis heute nicht verlassen hat, reiste das Alpenpanorama von Jahrmarkt zu Jahrmarkt, wo Steindl sein „Wunderwerk der Technik“ präsentierte. Erst 1949 fand das Alpenpanorama seinen fixen Platz im Zentrum von Maria Taferl, wo es der Gastwirt Andreas Frey liebevoll instand hält und auf Anfrage – der Gastraum liegt gleich nebenan – auch gerne gegen eine freie Spende in Betrieb setzt.

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