Kennen Sie den Friedhof der Namenlosen?

Ein Artikel von Michaela Tebaldi/Wien Holding | 07.11.2022 - 12:51
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Die anonymen Opfer der Donau fanden am Friedhof der Namenlosen ihre letzte Ruhestätte © Simlinger/Shutterstock

Jedes Jahr im November wird der Opfer der Donau und der Toten auf dem Friedhof der Namenlosen gedacht. Mit einem selbst gebauten Floß, geschmückt mit Kränzen, Blumen und brennenden Kerzen und einem symbolischen Grabstein mit der Inschrift „Den Opfern der Donau.“

Wasserwirbel brachte 600 Tote ans Ufer

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1935 bekam der Friedhof mit eine Mauer und eine Kapelle © Simlinger/Shutterstock

Auf dem Friedhof der Namenlosen beim Albener Hafen im Osten Wiens fanden all jene anonymen Opfer der Donau, die von 1840 bis 1940 angeschwemmt wurden, ihre letzte Ruhestätte. Es ist ein schaurig schöner Ort, der friedlich auf dem geschäftigen Areal des Hafens liegt.
Es war ein Wasserwirbel, der hier neben morschem Treibholz auch an die 600 Leichen einfing. Darunter Ermordete, Unfallopfer, Selbstmörder oder Opfer ungeklärter Kriminalfälle. Die meisten Identitäten sind bis heute unbekannt, manche konnten im Nachhinein geklärt werden. Die unbekannten Tote aus der Donau fanden hier ihre letzte Ruhestätte. Die frühesten Gräber fielen durch Überschwemmungen immer wieder der Natur zum Opfer, daher wurde der Friedhof der Namenlosen im Jahr 1900 an seinen heutigen Standort verlegt, jenseits des Schutzdammes.
Im Jahr 1935 erhielt der Friedhof der Namenlosen bei den Arbeiten zur Verstärkung des Schutzdammes eine steinerne Umfassungsmauer und eine Kapelle, die sogenannte Auferstehungskapelle, in der auch heute noch regelmäßig Messen stattfinden. Die letzte Beerdigung wurde im Jahr 1940 abgehalten. Danach wurde der Friedhof stillgelegt.

Mit dem Bus zum Friedhof der Namenlosen

Als dann im Jahr 1939 der Hafen Albern mit seinen Getreidesilos gebaut wurde, änderten sich durch die Hafenregulierung auch die Strömungsverhältnisse im Donaustrom. Seither werden keine Leichen mehr an dieser Stelle angeschwemmt. Falls doch, dann werden diese Toten auf dem Wiener Zentralfriedhof beerdigt.
Damit der Friedhof der Namenlosen nicht in Vergessenheit gerät, wurde im Jahr 2019 im Zuge der Umsetzung eines neuen Verkehrskonzepts im Hafen Albern auch der Zugang zum Friedhof adaptiert und neu ausgeschildert. Seitdem ist der Friedhof erstmals über einen gesicherten Fußweg direkt für Besucher zugänglich. Der Fußweg beginnt bei der öffentlichen Haltestelle, der Endstation der Buslinien 76A sowie 76B, und führt auf einer Länge von etwa 600 m direkt zum Friedhof.
Auch die Auferstehungskapelle am Friedhofsgelände wurde renoviert, die Kapellen-Wände, das Altarbild und die Wände der Sakristei restauriert. Damit wurde sichergestellt, dass die Menschen, die hier begraben wurden, nicht in Vergessenheit geraten.