Walpurgisnacht und ihre Mythen

Ein Artikel von Sabrina Bühn | 18.04.2020 - 08:00
shutterstock_7023660401.jpg

© Maksimilian/Shutterstock.com

Die Walpurgisnacht ist die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai und steht unter dem mystischen Ruf eines großen Hexenfestes mit langer Tradition. Doch was ist wirklich dahinter? Dem Volksglauben nach sollen in dieser Nacht bis zum ersten Hahnenschrei die bösen Geister des Winters vertrieben werden und die fruchtbare Zeit des Jahres beginnt. Man macht sich auf eine Wanderung zum Blocksberg auf oder entzündet Feuer, die die Nacht erhellen und vor den Wintergeistern schützen sollen. Auf dem Blocksberg, auch Brocken genannt, sollen Frauen einst den Göttern Tiere geopfert haben für eine gute Ernte und Fruchtbarkeit.

Der Namensursprung

Diese Nacht hat ihren Namen von der angelsächsischen Adeligen, einer Äbtissin aus England die im 8. Jahrhundert lebte. Der Gedenktag dieser Heiligen wurde im Mittelalter am 1. Mai gefeiert, da ihre Heiligsprechung an diesem Datum erfolgte (nachdem ihr Todestag auf den 25. Februar berechnet wurde, wurde auch der Gedenktag daraufhin verschoben). Die neun Tage davor wurden als Walpurgistage bezeichnet, das Läuten von Glocken zur Abwehr der angeblichen Hexenumtriebe wird örtlich auch als Walpern beschrieben.

Von Faust zu Bibi Blocksberg

So viel zum Namensursprung, doch was hat diese Nacht tatsächlich mit Hexerei zu tun? Viele Menschen glauben, dass diese Tradition bis in die graue Vorzeit zurück reicht, aber das ist gar nicht der Fall. Die Vorstellung von der Walpurgisnacht geht eigentlich auf Johann Wolfgang von Goethe zurück, der 1777 erstmals den Brocken bestieg. Er verewigte die Walpurgisnacht im „Faust“ als die große jährliche Hexenversammlung:

Die Hexen zu dem Brocken ziehn, die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün. Dort sammelt sich der große Hauf, Herr Urian sitzt oben drauf. So geht es über Stock und Stein. Es farzt die Hexe, es stinkt der Bock.


Goethe

In der Popkultur lebte dann die Walpurgisnacht ein weiteres Mal mit Bibi Blocksberg auf. Mit dieser Figur schließt sich der Kreis zu Goethe. Schauplatz des Hexensabbats in Goethes Faust-Dichtung war genau jener "Blocksberg", also der Brocken im Harz. So führt Bibi Blocksberg eine literarische Tradition weiter. Es gibt keine direkte Verbindung zu diesen Hexenfesten. Aber natürlich spielt der Wechsel der Jahreszeiten eine Rolle, weil zu dieser Zeit schon immer der Frühling gefeiert wurde. In Schweden entzündete man in der Walpurgisnacht Feuer, um den Frühling zu begrüßen und den Winter auszutreiben. Aber nicht nur dort. Im alpinen Raum findet zu dieser Zeit der Almauftrieb statt, die Menschen und Tiere sind wieder mehr im Freien, es beginnt eine neue Periode im Jahreszyklus.

Hexennacht in Österreich

Auch in Österreich werden verschiedene Walpurgis-Bräuche gelebt und gefeiert. Im Weinviertel (Niederöstereich) hat in den letzten Jahrzehnten der Maistrich an Beliebtheit gewonnen. Zwischen den Häusern unverheirateter Paare werden Kalkspuren gezogen, die sich oft kilometerweit durch die Gegend ziehen und vom Freundeskreis der Paare z. B. mit dem Traktor ausgefahren werden. Bei den Frauen werden zudem Sprüche oder Herzen in der Einfahrt hinterlassen. Es ist ihre mühselige Aufgabe, diese Spuren wieder zu entfernen. Um das möglichst zu erschweren, wurde es in den letzten Jahren zum Trend Öl in den Kalk zu mischen. Oft sind im Weinviertel deshalb noch lange in den Mai hinein weiße Spuren, die sich bis auf die Landstraßen hinaus kreuzen, sichtbar.

Im Flach- und Tennengau (Salzburg) gehen Rügebräuche unter dem Namen „Philippeln" vor sich. Philippus ist ein Apostel, der für Treue und Ordnung verantwortlich gemacht wird und dessen Gedenktag liegt Anfang Mai. Im Namen des Philippus wird also alles „aufgeräumt“ (also versteckt!), was nicht bereits gut verwahrt ist – oder, was oft zu besonders lustigen Ausstellungen führt: auf dem Dorfplatz zur Schau gestellt.

In manchen Orten im Burgenland treffen sich die Männer des Gesangsvereins um Mitternacht und marschieren mit Ziehharmonika-Begleitung durch den Ort. An mehrere Stationen werden sie mit Alkohol und Jausen bewirtet und ziehen so, immer betrunkener, singend weiter. Die Traditionen sind also noch viel vielfältiger als bloßer Hexenzauber! Die lustige Maizeit kann beginnen.