Magdalensberg: Die erste Hauptstadt

Ein Artikel von Ing. Gerald Stiptschitsch | 06.10.2015 - 16:53
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© Gerald Stiptschitsch

Über 3 ha groß ist die heutige Anlage am Magdalensberg und ist damit gleichzeitig auch das größte archäologische Freilichtmuseum in Österreich.

Die Stadt wurde im 1. Jh. v. Chr. gegründet und die dokumentierte Siedlungsdauer war lediglich 90 Jahre lang. In der Anfangsphase der römischen Besatzung war diese Stadt an den Südhängen des kleinen Berges ein wichtiger Handelspunkt, insbesondere für das norische Eisen. Das Handels- und Produktionszentrum lag damals noch im freien keltischen Königreich Noricum und wurde mit dem Vordringen Roms zum ersten antiken Verwaltungszentrum im Ostalpenraum und damit auch zur ersten österreichischen Hauptstadt.

Norisches Eisen

Im 3. Jh. v. Chr. hatten sich hier die keltischen Noriker, im Gebiet des heutigen Kärnten, niedergelassen. Wegen der reichen und hochwertigen Eisenvorkommen (ferrum Noricum – norisches Eisen) entstand ein lebhafter Handel mit dem Mittelmeerraum. Diese Handelsbeziehungen führten Mitte des 1. Jh. v. Chr. zur Niederlassung auf dem Magdalensberg und Gründung eines Marktes (emporium).

Hier, beim Magdalensberg, befand sich nämlich nicht nur der Sitz des norischen Königs und der Schutz des Gipfelheiligtums, sondern auch ein reiches Eisenerzvorkommen – etwa im Görtschitztal, in Lölling und im Raum Hüttenberg.

Der Jüngling vom Magdalensberg

Über die Anfänge des römischen Marktes ist nur wenig bekannt. Es dürfte sich vor allem aber um Schmelzplätze für das norische Eisen und einfache Unterkünfte gehandelt haben. Die Bedeutung des Ortes zu dieser Zeit wird durch die Weihung des Jünglings vom Magdalensberg jedoch deutlich. Der Handel mit Rom nahm zu dieser Zeit einen großen Aufschwung, was sich mit dem hohen Bedarf an Waffen und anderen Gütern aufgrund gallischer Feldzüge Caesars und der folgenden Bürgerkriege erklären lässt.

Zu dieser Zeit entstand in der Siedlung ein Forum, das von Häusern – sogenannten Tabernen – umgeben war, die man zum Teil in den Boden versenkte und als Warenlager, Kontore und Wohnungen nutzte. An der Westseite entstand eine Basilika, die als Badehaus diente. Diese Anlage entspricht in seiner Form italienischen Vorbildern und ist im inneren Ostalpengebiet einzigartig.

Italienische Sitte

In den 20er-Jahren v. Chr. wurde von den Norikern auf dem Gipfelplateau ein Befes­tigungswerk mit zentralem Heiligtum von geradezu propagandistisch-repräsentativer Gestalt errichtet. Die Gestaltung der Händlerbauten zu dieser Zeit lässt auf eine materielle und kulturelle Blüte schließen. Die Häuser wurden in Mörtelmauertechnik mit Verputz errichtet und innen bemalt. Hervorzuheben sind Fresken im zweiten und dritten pompejanischen Stil (um 20 v. Chr.) mit mythologischen und bukolischen Motiven.

Der Wohlstand spiegelt sich auch im Lebensstil wider: Man ernährte sich nach italienischer Sitte u. a. von importiertem garum (würzige Fischsauce), Oliven und Wein, die in Bronze-, Glas- und Terra-Sigillata-Geschirr serviert wurden. Wegen der Porträtskulpturen, den ältesten auf dem Gebiet des heutigen Österreich, kann man auf die Anwesenheit römischer Bildhauer schließen. Erkennbar ist auch, dass die Einheimischen regen Anteil an der römischen Kultur hatten.

Östlich des Forums gab es Werkstätten zur Buntmetallverarbeitung, wo Fibeln, Gürtelschnallen und andere Produkte für den lokalen Bedarf wie für den Export hergestellt wurden. Den baulichen Mittelpunkt der Stadt stellte der Tempelbezirk dar, der an das Forum grenzte. In einer großen zweigeschoßigen Halle (Praetorium) fanden öffentliche Versammlungen und Gerichtsverhandlungen statt.

Rasches Ende

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Die Gebäude waren innen reich verziert - in Form von Stukkaturen oder Malereien wie dem Flöte spielenden Hirten

Unmittelbar vor der Mitte des 1. Jh. enden die Funde auf dem Gebiet der Stadt, mit Ausnahme des Heiligtums am Berggipfel, wo es Funde bis in spätantike Zeit gibt. Die Siedlung wurde rasch aufgegeben, etliche Bauten wie der Tempel blieben unvollendet.

Abgelöst wurde die Stadt vom Municipium Claudium Virunum am Zollfeld, das in den späten Vierziger-Jahren anstelle eines kleinen Straßenortes angelegt wurde. Dieser lag an der wichtigen zentralnorischen Straßenverbindung von der Donau nach Italien. Virunum war wie viele anderen ähnliche Städte in den neuen Provinzen eine planmäßige Gründung als autonome römische Stadt und übernahm letztendlich von der Stadt am Magdalensberg die Rolle als Hauptstadt.

Archäologischer Park Magdalensberg
Magdalensberg 15
9064 Pischeldorf

Anfahrt: Der Archäologische Park Magdalensberg ist Klagenfurt - Maria Saal – Ottmanach erreichbar bzw. die B317 von St. Veit kommend über St. Michael.

Öffnungszeiten: Mai bis Oktober, Di. bis So., von 9 bis 17 Uhr, Montag geschlossen.

Besonderheiten: Durch jüngste Ausgrabungen konnte die im Römischen Weltreich einzigartige Goldfabrica entdeckt werden. Gold bildete einen Teil der Hausmacht der Cäsaren. Das Vorhandensein dieses „Fort Knox“ zeugt von der großen Bedeutung des Verwaltungszentrums am Magdalensberg.