Seltene Wildbienen in Breitenlee

Ein Artikel von Michaela Tebaldi/NHM Wien | 14.09.2022 - 10:19

Früher wurden auf dem Verschiebebahnhof Breitenlee Waggons an- und abgehängt – heute stellt das ca. 90 ha große Areal das wichtigste Naturbiotop in Wien zwischen Bisamberg und Lobau dar. Es besteht aus zusammenhängenden Flächen aus Trockenrasen, Gehölzen und naturnahen Teichen.
Im Rahmen eines Forschungsprojektes des Naturhistorischen Museums wird aktuell die Bienenfauna des Gebietes erforscht.

Seltene "Kleine Holzbiene" entdeckt

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Die sehr seltene "Kleine Holzbiene" wurde in Breitenlee entdeckt. Ihr werden zu "gepflegte" Landschaften zum Verhängnis © Cloudpost/Shutterstock

Wien weist im Vergleich zu anderen Städten eine sehr hohe Wildbienen-Diversität auf. Bisher konnten über 450 Arten nachgewiesen werden, was 66 % der gesamten Artenzahl in Österreich darstellt.
Sabine Schoder und Dominique Zimmermann, beide Wissenschafterinnen des Naturhistorischen Museums in Wien, erforschen nun die Bienenfauna des ehemaligen Verschiebebahnhofs Breitenlee und sind dabei auf seltene Wildbienen gestoßen.

Eine Besonderheit ist die seltene "Kleine Holzbiene"Xylocopa iris. Während die anderen zwei Holzbienenarten ("Blauschwarze Holzbiene", Xylocopa violacea und "Schwarzfühler-Holzbiene", Xylocopa valga) in Österreich häufig und weit verbreitet vorkommen und aufgrund ihrer beachtlichen Größe auffällig sind, ist die Kleine Holzbiene wesentlich seltener. Das liegt u.a. an ihren besonderen Nistansprüchen: Sie nistet in selbst genagten Gängen in markhaltigen, wie auch in hohlen Stängeln. Die Art leidet besonders unter ausgeräumten, intensiv bewirtschafteten oder "zu gut gepflegten" Landschaften – diese bieten leider nur wenige Nistmöglichkeiten für sie. Für alle drei in Österreich heimischen Holzbienenarten sind die schwarz-blau schillernde Körperoberfläche und Flügeln charakteristisch.

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Die Blauschwarze Holzbiene (links) und die Schwarzfühler-Holzbiene (rechts) sind relativ groß und in Österreich weiter verbreitet © Ralf Liebhold/Shutterstock, Foxartbox/Shutterstock

Biodiversität in der "Stadtwildnis" Breitenlee

Eine weitere sehr seltene Bienanrt, die in Breitenleee gefunden wurde, ist die "Steppen-Buntbiene"Camptopoeum frontale, die ausschließlich aus dem pannonischen Raum bekannt ist. In Wien wurden bisher nur wenige Exemplare nachgewiesen. Sie benötigt den Pollen von Disteln und Flockenblumen zur Aufzucht ihres Nachwuchses, nistet in kahlen bis schütter bewachsenen Löss- oder Sandböden und benötigt trockenwarme Standorte als Lebensraum.

Naturbelassene Flächen spielen durch eine Vielfalt an Lebensräumen, die ansonsten in unserer Landschaft rar geworden sind, eine besonders wichtige Rolle für viele Wildbienenarten. „So dienen beispielsweise unbewachsene, offene Bodenstellen, dürre, verholzte Stängel selten gemähter Wiesen, oder von Käfern angefressenes Totholz als wertvolle Nistplätze für unterschiedliche Arten, während die Blütenvielfalt nährstoffarmer Böden Nahrungsspezialisten unter den Wildbienen Pollen liefert“, so Sabine Schoder. 
Areale wie aufgelassene Bahnhofsgelände sind daher prädestiniert für eine hohe Bienen-Diversität, während sie gleichzeitig der Bevölkerung als Naherholungsgebiet dienen. Für den Erhalt der Biodiversität sind solche Gebiete der freien Stadtwildnis extrem wertvoll.