Zwischen Kakteen und Kojoten

Ein Artikel von REISEN-Magazin/Bernd Wittmann | 20.11.2020 - 11:35
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Canyonlands ist ganzjährig geöffnet, 24 Stunden am Tag © prochasson frederic/shutterstock

Er ist einer der beeindruckendsten Nationalparks der USA und trotzdem nicht so bekannt wie der Grand-Canyon- oder der Yellowstone-Nationalpark. Auf einer Fläche von „nur“ 1.366 km2 wurde vor 300 Millionen Jahren der heutige Canyonlands-Nationalpark gebildet.

Eine Landschaft in drei Abschnitten

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Der Nationalpark Canyonlands liegt im US-Bundesstaat Utah. Zwei Flüsse, der Colorado und der Green River, teilen die Fläche in drei große Abschnitte © Kris Wiktor/shutterstock

Etwas karg liegt die Landschaft da. Eindrucks­voll wird sie erst, wenn man von einem der Aussichtspunkte in die Weite des Landes schaut, den Flusslauf erkennt, der sich im Laufe der Jahrmillionen sein Bett gegraben hat und bei genauem Hinschauen auch die Pflanzen- und Tierwelt entdeckt, die sich an die regionalen Lebensbedingungen angepasst hat. Hier befindet sich das ausgedehnteste Naturschutzgebiet im US-Bundesstaat Utah, und es ist sicherlich auch das landschaftlich großartigste und geologisch aufschlussreichste. Immerhin wurde dieses Gebiet erst 1964 zum Nationalpark erklärt, der in drei Teile aufgeteilt ist: „Island in the Sky“ im Norden, „The Needles“ im Südosten und „The Maze“ im Westen. Ins Deutsche übersetzt, bedeuten diese Landschaftsformationen so viel wie „Insel im Himmel“, „Die Nadeln“ und „Das Labyrinth“. Die Teilung dieser drei Abschnitte erfolgt durch den Colorado und den Green River, die sich tief in das Colorado-Plateau geschnitten haben. Ein weiterer, kleinerer Teil ist der Horseshoe-Canyon (Hufeisen-Schlucht), der sich im Westen befindet.

Aus Schlamm und Salz geformt

Noch vor mehr als 300 Millionen Jahren hat sich hier ein Plateau aufgebaut, das sich 1.600 m hoch aus verschieden starken Schichten von Sand- und Kalksedimenten früherer Ozeane zusammensetzt. Es sind der Schutt abgetragener Gebirge und der Schlamm vergangener Flüsse, die sich vereint haben. Darunter befindet sich ein 1 km dicker Zusammenschluss aus 29 Schichten mit den Salzen aus einer halben Ewigkeit, die sich nach den verdunsteten Binnenmeeren abgelagert haben. Sie haben an der Landschaftsformation wesentlich mitgewirkt – und tun dies auch heute noch. In einigen Verwerfungen drückt sich das Salz empor und wird teilweise ausgewaschen, wodurch u. a. der Krater des 1.600 m weiten und 460 m tiefen Upheaval-Domes entstand. Manchmal wurde das Salz einfach nur ausgewaschen, und der Erdboden stürzte in sich zusammen. Auf diese Weise sind tiefe Gräben entstanden, die im Bereich zwischen Elephant Hill und dem Cataract Canyon zu sehen sind. 

Zwischen Nadelspitzen

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Der District „The Needles“ besteht aus einer erstaunlichen Landschaft aus Felssäulen, ­Natursteinbögen, Schluchten und durch ­Erosion entstandene Gräben. Charakteristisch sind die rötlich-weiß- gestreiften Felszacken © Anton Foltin/shutterstock

Im Needles-Bereich befindet sich ein phantastischer „Wald“ aus Felsnadeln und Steintürmen (v. a. um den Chesler-Park), die hier namensgebend waren. Die rot und weiß gemusterten Felszacken prägen primär die Landschaft, obwohl es auch andere interessante Felsformationen wie Canyons und Steinbögen gibt. Letztere sind meist nur schwer über lange Wanderungen oder mit Geländewägen über unbefestigte Routen im Hinterland erreichbar. Etwas im Abseits, im Salt Creek und Horse Canyon, stehen grazile Wände in beeindruckenden Formen und wechselnden Farben, die in der Abenddämmerung sehr gut zur Geltung kommen.

Auf der Himmels-Insel

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Der Nationalpark lädt zu ­ausgedehnten Wanderungen ein © Galyna Andrushko/shutterstock

Island in the Sky ist hingegen eine weitläufige Hochebene, die sich zwischen dem Colorado (der größte und wichtigste Fluss im Südwesten von Nordamerika) und dem Green River (ein Nebenfluss des Colorado) befindet und wo sich mehrere tolle Aussichtspunkte befinden. Einer davon ist White Rim, eine Sandstein-Abbruchkante, die schroff 36 m in die Tiefe führt. Mehrere dieser Kanten fallen von dem 1.800 m hohen Plateau ab. In der Ferne sind die Urheber dieser Stufen erkennbar: scheinbar schmale Flüsse, die sich erst von der Nähe betrachtet als riesige Flüsse ausmachen lassen und sich im Laufe der Jahrmillionen in ihr heutiges Bett gegraben haben. Über 150 km lang ist der teils skurril und windungsreiche Canyon geformt worden – mit bis zu 800 m Tiefe.

Ritzzeichnungen der Ureinwohner

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Die historischen Steinhäuser und Lehmhütten der Ureinwohner sind noch an vielen Stellen des Nationalparks erkennbar © zschnepf/shutterstock

Hier, in dieser Einöde, befindet sich die Heimat der Pueblo-Indianer, von denen zahlreiche Überreste erhalten sind. Werkzeuge und Kleinutensilien sind von Antiquitätenjägern zwar entwendet worden, aber mehrere Steinhäuser und Erdhütten sind gut erhalten geblieben. Dazu zählen Spuren in Form von Petroglyphen, sogenannten „Steinritzungen“, wie auf dem bekannten Newspaper-Rock in der Nähe des Visitor Centers. Die Aufmerksamkeit ist hier im Canyonlands-Nationalpark wohl mehr der Landschaft als der Tier- und Pflanzenwelt gewidmet. Sie sind nur sehr eingeschränkt vorhanden bzw. abends und in der Nacht zu sehen, was an der wüstenähnlichen Landschaft liegt. Anzutreffen sind v. a.  Wüstenhasen und Erdhörnchen – sie sind tagaktiv und wenig menschenscheu. Seltener zu sehen sind die anderen der rund 50 Säugetier-Arten, die hier vorkommen, darunter Maultierhirsche, Dickhornschafe, Kojoten, Graufüchse, Rotluchse, Stachelschweine, Dachse und Kängururatten. In Flussnähe wird die Vegetation dann üppiger: Findet man sonst meist nur Yuccas und Kakteen, gesäumt von Grasflächen, so sind hier auch große Bestände an Baumwollpappeln und Weiden vorzufinden. 

Info: www.nps.gov/cany/index.htm