Unheimliche Geisterstädte

Ein Artikel von REISEN-Magazin | 24.04.2023 - 13:34

Oradour-sur-Glane, Frankreich

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Von der Stadt Oradour-sur-Glane sind nur mehr Mauerreste übrig © Emily Marie Wilson/Shutterstock

Der französische Ort Oradour-sur-Glane wurde am 10. Juni 1944 kurz nach 14 Uhr Schauplatz eines grausamen Kriegverbrechens. Rund 150 deutsche Soldaten der Waffen-SS trieben Frauen und Kinder in die Kirche und brannten diese nieder. Die Männer sperrten sie in Garagen und Scheunen, eröffneten das Feuer und verbrannten danach Leichen und Verletzte. 642 Menschen kamen ums Leben, nur sechs entkamen lebend. Das Dorf wurde völlig zerstört. Nach dem furchtbaren Massaker wurde der Ort nicht wieder aufgebaut und dient seither als Gedenkstätte. Ausgebrannte Autos  und die Ruinen der Gebäude lassen nur erahnen, was sich vor 80 Jahren hier zugetragen hat.

Kayaköy, Türkei

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Kayaköy, die steinerne Geisterstadt in der Türkei © boreas.tr/Shutterstock

Kayaköy (türkisch für „Felsdorf“, vormals griechisch „Levissi“) blickt auf 5.000 Jahre Siedlungsgeschichte zurück. Ein griechisches Idyll inmitten des Osmanischen Reichs. Rund 6.500 Menschen, hauptsächlich griechisch-orthodoxe Christen, lebten friedlich mit ihren muslimischen Nachbarn zusammen – bis der Krieg kam. Nachdem die Türkei aus dem Krieg mit Griechenland als Sieger hervorgegangen war, wurde ein vom Völkerbund initiierter Bevölkerungstausch vollzogen. Die Folge: 1923 wurden 25.000 ethnische Griechen, die nach dem Ersten Weltkrieg in das Territorium des Osmanischen Reiches übersiedelten, in Erfüllung des Vertrags von Lausanne in ihre Heimat vertrieben. Der Ort Kayaköy gleicht seitdem einer Geisterstadt mit fast 3.500 Hausruinen, die unter Denkmalschutz stehen – darunter zwei griechisch-orthodoxe Kirchenruinen. Das Areal wurde zum Museumsdorf umfunktioniert.

Centralia, USA

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Heute zieren Graffitis den Highway von Centralia © Yugtha Jungbadoor/Shutterstock

Die Hölle auf Erden: Unter der Kleinstadt Centralia (Pennsysvania), einem einst florierenden Bergbaustädtchen, brennt es seit über 50 Jahren. Ursache dafür soll ein 1962 auf einer illegalen Mülldeponie gelegtes Feuer sein, das sich auf eine Kohlemine ausgebreitet hatte. Mehrere Versuche, den unterirdischen Brand zu ersticken, blieben erfolglos. Über 70 Millionen US-Dollar sollen in die Löschversuche geflossen sein. Expertenmeinungen zufolge werde der Brand noch mehrere Hundert Jahre andauern. Obwohl die Stadt unbewohnbar ist, weigern sich einige Einheimische wegzuziehen. Von den mehr als 2.000 Einwohnern sind noch fünf Hartgesottene geblieben. 

Gunkanjima, Japan

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Gunkanjima zählt seit 2015 zum UNESCO-weltkulturerbe © Alon Adika/Shutterstock

Wie ein versunkenes Kriegsschiff liegt Gunkanjima („Kriegsschiff-Insel“, der offizielle Name ist Hashima) vor Nagasaki. Von der Insel aus wurde 1887 bis 1974 unterseeischer Kohleabbau betrieben. Im Zweiten Weltkrieg hausten und arbeiteten dort chinesische und koreanische Zwangsarbeiter unter unmenschlichen Bedingungen. 1959 verzeichnete die nur 480 mal 160  m große Insel mit nahezu 6.000 Einwohnern eine der weltweit höchsten Bevölkerungsdichten. Im Zuge der Energiereformen wurden die Kohlewerke am 15. Jänner 1974 stillgelegt  – die Bewohner waren auf der Stelle arbeitslos und verließen das seither verwaiste Eiland. Gunkanjima gilt heute als Mahnmal der rücksichtslosen Industrialisierung und Ausbeutung von Mensch und Natur. Seit 2009 ist die Stätte nach 35 Jahren wieder zugänglich, die Stadt Nagasaki bietet Umrundungen mit Booten an. Gunkanjima diente im Jahr 2011 in „James Bond 007 – Skyfall“ als Inspiration für die „Tote Stadt“ – seither ist die Geisterinsel bei Touristen noch beliebter. Im Jahr 2015 wurde die Insel zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.