Wilde, tosende Garnitzenklamm

Ein Artikel von REISEN-Magazin/Christiane Bartal | 20.06.2022 - 13:06
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Den engsten Teil der Klamm prägen mehrere Strudeltöpfe, die der Bach aus dem Bänderkalk geschliffen hat © Christiane Bartal

Das Rauschen der ungebändigten Wassermassen hallt zwischen den hoch aufragenden Felswänden. Stufe für Stufe, Strudeltopf für Strudeltopf arbeitet sich das schäumende Nass hinab, vorbei an gigantischen Findlingen, die irgendwann einmal von den Wänden hinab in die Schlucht gestürzt sind.
Dass es diese beeindruckende Schlucht überhaupt gibt, verdanken wir einerseits einer geologischen Störzone im Gebirge, die dem Wasser weniger Widerstand bot als die umgebenden Gesteine, andererseits der Erosionskraft der Gletscher der letzten Eiszeit, die beim Abschmelzen gewaltige Bäche, vermischt mit Unmengen an Schutt und Geröll, Richtung Tal sandten. Das Alter der Garnitzenklamm im Kärntner Gailtal bei Möderndorf, 2,5 km südlich von Hermagor, wird auf rund 10.000 Jahre geschätzt. Die ältesten Gesteine am Klammeingang – und zugleich die ältesten Gesteine der Karnischen Alpen – sind unglaubliche 460 Mio. Jahre alt, die jüngsten am oberen Ende der Klamm ca. 250 Mio. Jahre.

Einen spannenden Einblick in die Entstehungsgeschichte dieser rund 4,5 km langen Schluchtenlandschaft gibt der Geotrail, der durch die Klamm führt und immer wieder auf besondere Details hinweist. Den Unterschied zwischen Bänderkalk und Schiefer beispielsweise hätten wir ohne Schautafel nicht erkannt, und auch am rätselhaften Flaserkalkblock am Rande des Bachbetts, den es hier eigentlich gar nicht geben sollte, wären wir sicherlich achtlos vorübergewandert.

Wanderung durch Jahrmillionen

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Schon die erste Brücke spannt sich spektakulär über das mit Felsblöcken übersäte Bachbett © Christiane Bartal

Start der Wanderung ist beim Parkplatz am Klammeingang, etwa 1 km südlich von Möderndorf bei Hermagor. Die freundliche Dame im Kassahäuschen, bei der wir die Wegerhaltungsgebühr entrichten, weist uns darauf hin, dass es vier Klammabschnitte mit mehreren Ausstiegsmöglichkeiten und Varianten für den Rückweg gibt – und dass der Weg immer anspruchsvoller wird, je weiter man hinauf Richtung Klammende wandert. „Der letzte Teil hat’s dann richtig in sich“, warnt sie uns vor und zeigt uns ein abgegriffenes Foto der entscheidenden Schlüsselstelle. Zu sehen sind Wanderer, die sich über dem Abgrund an Stahlseilen einen in den Fels gehauenen schmalen Pfad entlanghanteln. Mal schauen, wie weit wir kommen.

Die ersten Brücken und Stufen lassen nicht lange auf sich warten – das Klammerlebnis beginnt schon nach wenigen Metern. Über insgesamt neun Brücken, manche davon lange Bogenbrücken, schlängelt sich der Pfad mal links, mal rechts vom Ufer des Garnitzenbaches immer weiter in das Tal hinein. Stellenweise ist das Bachbett mit mehrere Meter großen Felsblöcken übersät, die eine auffällige Maserung zeigen. Bei diesen Findlingen handelt es sich um Bänderkalke, die auch die beiderseits steil aufragenden Felswände bilden. Namensgebend sind die verschiedenfarbigen Schichten, die auf unterschliedliche im Kalk enthaltene Begleitminerale (z. B. grüne Chlorite) zurückzuführen sind. Aus Fossilfunden schließt man, dass sich diese Bänderkalke vor rund 380 Mio. Jahren in einem Meer abgelagert haben. Von jüngeren Gesteinen bedeckt, haben sie zwei Gebirgsbildungen mitgemacht – der dabei einwirkende immense Druck hat den Kalk in grobkörnigen Marmor umgewandelt, was sich jedoch nicht im Namen niedergeschlagen hat.

Beim Anblick der mächtigen, nahezu senkrechten und glatt geschliffenen Felswand nach der zweiten Brücke und beim Gedanken an die unfassbaren Zeitspannen kommt man sich nicht nur vor wie ein Zwerg, sondern auch wie eine Eintagsfliege. Weniger widerstandsfähig als die kompakten Bänderkalke ist hingegen der dunkelgraue Schiefer, der sich an manchen Stellen im Bachbett dunkelgrau vom helleren Kalk abhebt.
Brücke Nr. 3, zwischen Idawarte und Franzenswarte, gewährt einen Blick in den engsten Teil der Klamm. Hier hat der Bach Strudeltöpfe, auch Kolke genannt, aus dem Bänderkalk geschmirgelt. 

Die Route zur Wanderung finden Sie auch auf outdooractive.com.

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