Romanisch-gotische Marienkirche in Bad Deutsch-Altenburg

Ein Artikel von Marktgemeinde Bad Deutsch-Altenburg | 11.09.2013 - 13:38
13788999933125.jpg

Marienkirche in Bad Deutsch-Altenburg © Gerald Stiptschitsch

Zwei Versionen der Gründungssage sind uns überliefert:
1. Die Ungarn waren mit dem deutschen Kaiser Konrad II. in einen Krieg verwickelt. König Stephan lagerte auf dem Kirchenberg. In seiner Bedrängnis rief er die Gottesmutter um Hilfe an. Wie durch ein Wunder zog sich das kaiserliche Heer zurück, ohne dass es zur Schlacht gekommen war. König Stephan sah darin die Erhörung seines Gebetes und ließ an dieser Stelle zu Ehren Mariens eine Kirche bauen.
2. König Stephan befand sich auf einer Reise längs des rechten Donauufers, als die Pferde scheu wurden und davonrasten. Da machte der König das Gelübde, der seligsten Jungfrau Maria an der Stelle eine Kirche zu bauen, wo er gerettet werden würde. Sein Gebet fand Erhörung: die Pferde liefen die alte Burg „am Stein“ und der König war gerettet.
Beide Sagen weisen auf eine Entstehungszeit zwischen 1030, als nach dem missglückten Feldzug Konrads II. das Gebiet zwischen Fischa und Leitha an Ungarn abgetreten werden musste, und 1042 hin, als Kaiser Heinrich III. nach Zerstörung der Heimenburg dieses Gebiet wiedergewann.

Das örtliche Pfarrgedenkbuch nimmt nach einer legendären Überlieferung 1028 als Gründungsjahr der Kirche an.
Diese von König Stephan gegründete Kirche dürfte ebenso wie die nahe gelegene Heimenburg, die mit dem Ringwall am Stein gleichzusetzen ist, der um 1900 dem Steinbruch zum Opfer fiel, von Kaiser Heinrich III. zerstört worden sein.
Die „Marienkirche von Heimenburg“ wurde vom Kaiser wiederaufgebaut und neben Maria und Mauritius und Laurentius geweiht.
Sie erhielt Urkunden vom 25. Oktober 1051 von Kaiser Heinrich III. große Schenkungen und es sollte eine Propstei dabei errichtet werden. Die Errichtung dieser Propstei, die von Historikern bezweifelt wird, könnte durch die 2000 vom Bundesdenkmalamt durchgeführte Grabung erhärtet werden, bei der Mauerreste vor dem Südportal der Kirche gefunden wurden, die man als Reste eines Kreuzganges deuten könnte.
1058 schenkte Kaiser Heinrich IV. seiner Mutter Agnes die Marienkirche und die dazugehörigen Besitzungen. Diese Güter kamen dann an das Stift Göttweig, eine Gründung Bischof Altmanns von Passau, der einst Kaplan bei Kaiserinmutter Agnes gewesen war. Der Ortsname Altenburg für diesen Besitz findet sich erst ab 1297 in den Göttweiger Urbaren und Urkunden.

Entstehung der Pfarrkirche
1213 sollen die Brüder Alban und Johann Dörr, Gutsherrn zu Wildungsmauer und Deutsch Altenburg die Kirche erbaut haben. Diese Nachricht befand sich einst in den Collectaneen II von Job Hartmann von Enenkel, geschrieben im 16. Jahrhundert ist aber heute verschollen und nur durch Franz Karl Wisgrill 1795 in seinem Buch über den niederösterreichischen Adel überliefert.
Aus kunsthistorischer Sicht ist ein früherer Baubeginn für den romanischen Teil der Kirche wahrscheinlich, vielleicht die Mitte des 11. Jahrhunderts, die Zeit, aus der die bereits erwähnten Schenkungen des Kaisers Heinrich III. an die Kirche stammen. 1213 erfolgte dann ein Um- und Erweiterungsbau in Richtung Westen, wie durch die Grabungen im Jahre 2000 nachgewiesen wurde.
Der romanische Teil der Kirche ist eine dreischiffige Pfeilerbasilika, die ursprünglich eine flache Balkendecke hatte. Die beiden Seitenschiffe werden vom höheren Mittelschiff durch fünf massive, viereckige Pfeiler, die durch Rundbogen verbunden sind, getrennt.

Der Turm dürfte 1350 bis 1380 entstanden sein und wird der Parler Schule zugeschrieben. Er ist in frühgotischem Stil erbaut, die Mauern sind noch sehr wuchtig und nicht gegliedert, ähnlich dem romanischen Teil. Der Grundriss des Turmes ist ein Viereck, aus dem der achteckige Turm im zweiten Drittel der Gesamthöhe herauswächst. Die kräftigen Strebepfeiler des Turmachtecks beginnen bereits auf dem Boden und sind durch Wasserschläge zurückgetreppt, haben zum Teil schlichte Baldachine und schließen oben mit Giebeln und Pultschrägen. Verziert sind diese Strebepfeiler mit Wappen, wovon das größte einen doppelten Löwen mit einem gekrönten Kopf darstellt. Von den übrigen sechs Wappen sind zwei die der Hundsheimer und der Altenburger Linie der Familie Dörr.
Vier von den acht Ecksteinen des Turmes sind durch hohe Fenster mit edlem Maßwerk geöffnet. Auf den Giebeln der acht Turmseiten reiten kleine, musizierende Figuren, und an den Fußpunkten der Giebelschenkel sitzen Tiere als Wasserspeier.

Den Abschluss des Turmes bildet ein ganz aus Quadersteinen gemauertes Helmdach. Drei spitzbogige Türen mit hohen Kleeblattbogen in den Bogenfeldern führen in das Innere des Turmes, von wo aus eine 1959 angelegte Tür in das Haupthaus der Kirche führt.

Der jüngste Teil der Kirche ist das 1380 bis 1400 in hochgotischem Stil errichtete Presbyterium. Dieser Bau wird aus stilistischen Gründen Michael Knab aus Klosterneuburg zugeschrieben, von dem auch der Entwurf für den Hochturm von St. Stephan in Wien stammen soll. Auf die Dörr als Bauherren weisen wieder die beiden Stammwappen dieser Familie auf den Strebepfeilern hin.
Das Presbyterium ist bedeutend höher als das Mittelschiff der Kirche. Durch die hohen, schmalen Fenster und die weit vorspringenden, reich verzierten Strebefeiler wirkt die Außenfront stark gegliedert.

Die Kapitelle der Pfeiler bestehen zum Teil aus einer Reihe von schweren, oben knospenartig umgebogenen Blättern und darüber einer zweiten Reihe von ähnlichen, schneckenartigen, flach ausgehenden Blättern. Die anderen Kapitelle haben sogenannte Pfeifen, darüber ein ringförmiges, geschlungenes Band.
Am rechten Seitenschiff befindet sich ein Zubau, die heutige Taufkapelle. Früher dürfte er als Sakristei gedient haben, da er von außen durch ein kleines, heute zugemauertes Rundbogenportal erreichbar gewesen ist. Der Durchbruch zum Seitenschiff ist sehr breit und wird in der Mitte durch eine kantige Säule getragen.
Um das Mittelschiff läuft außen unter dem Dach der für romanische Bauten charakteristische Rundbogenfries darüber die Zahnschnittverzierung. Darunter sind kleine, runde Fenster, die heute durch das gotische Kreuzrippengewölbe vermauert sind.
Ein romanisches Süd- und Nordportal führen in die Kirche. Das Nordportal ist reicher gegliedert. Es hat neun Rundwülste, die sich schon äußerst selbständig vom Gewände loslösen. Auf der Südseite des romanischen Langhauses und auf der Westwand der Taufkapelle legte man im Zuge der Kirchenrenovierung 1906 Fresken frei, die innerhalb kurzer Zeit von der Witterung zerstört wurden.
Über dem Südportal befand sich ein Weltgericht aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Es zeigte Christus in der Mandorla, mit Maria und Johannes sowie Engeln mit Marterwerkzeugen. Zur Rechten Christi befanden sich die Seligen, zu seiner Linken die Verdammten. Neben dem Südportal entdeckte man ein Christophorusbild, das älteste der Fresken, vermutlich aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, das im 14 Jahrhundert teilweise durch die Darstellung des Todes der Gottesmutter Maria übermalt wurde.
An der Westwand der Taufkapelle befand sich eine Schutzmantelmadonna aus dem 14. Jahrhundert, sowie eine elfzeilige Inschrift in gotischen Majuskeln, von der nur einige Worte zu entziffern waren.