Rund um die Zicklacke

Ein Artikel von Michaela Tebaldi | 30.08.2021 - 10:41
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Aussichtspunkt im Nationalpark Neusiedler See © Michaela Tebaldi

Das Burgenland ist bestens für eine Familienradtour geeignet. Die ebenen Radwege schaffen auch kleine Radler, vor allem, wenn man auf der Ostseite des Sees unterwegs ist. Dort gibt es so manche Besonderheit zu entdecken, wie etwa seltene Salzlacken, kuriose Ziehbrunnen und eine unglaubliche Vogelvielfalt.

Einzigartige Fauna und Flora

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Von den Beobachtungsstationen kann man Fauna und Flora in aller Ruhe beobachten © Michaela Tebaldi

Der Zicklacken-Rundweg ist mit 8,6 km eine recht kurze Tour, die aber individuell erweiterbar ist. Ausgehend vom Weinort Illmitz geht es Richtung Norden. Der erste Stopp ist das Nationalparkzentrum, wo man einen ersten Eindruck von der Vielfalt an Tierarten und der für die Region typische Vegetation bekommt. Weingärten wechseln hier mit Salzlacken, Ackerbau und lichten Wäldern ab. Vom Aussichtsturm des Nationalparkzentrums hat man einen guten Überblick über die Region. Weiter ist der Blick aber vom Aussichtsturm am Ende des Radwegs. Die Ausstellung ist für alle Sinne gemacht, wo die Besucher interaktiv werden können. Hier erfährt man alles über die Salzlacken, die Vogelvielfalt und die Lebensräume des Nationalparks Neusiedler See.

Salzige Lacken

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Im Sommer ausgetrocknete Salzlacke © Michaela Tebaldi

Auf dem Zicklacken-Radweg sollte man auf jeden Fall ein Fernglas mit dabei haben. Einige Beobachtungspunkte laden dazu ein, die Natur auf sich wirken zu lassen und die Tierwelt unter die Lupe zu nehmen. Wer Glück hat, kann vielleicht einen Säbelschnäbler oder Seeregenpfeifer beobachten, die in den stark salzigen Lacken zu Hause sind. Auch Rotschenkel, Uferschnepfen und Kiebitze brüten gerne in diesem Gebiet. Im Randbereich der Lacken wachsen sogenannte Halophyten – Pflanzen, die genau an salzige Bedingungen angepasst und die mit Pflanzen der Meeresküsten verwandt sind. Besonders typisch sind die Pannonische Salzaster, die Salzmelde oder die Salzkresse.
Salzlacken, wie man sie im Burgenland findet, sind im europäischen Binnenland sehr selten. Die einzigen Orte, wo diese anzutreffen sind, sind ist der Seewinkel und Zentralungarn. Mit großer Wahrscheinlichkeit geht das salzhaltige Wasser der Lacken auf ein Meer zurück, das es vor Millionen Jahren hier gegeben hat. Als sich das Meer zurückzog, hinterließ es Sedimentablagerungen und einen salzhaltigen Boden. Wenn die jährliche Verdunstung größer als der Niederschlag ist, gelangt das eingelagerte Salz an die Oberfläche. In heißen Sommern trocknen die Lacken auch regelmäßig aus. Da die Verdunstung und die Temperatur von Jahr zu Jahr variieren, gestaltet sich auch die Vegetation immer wieder neu. 

Kuriose Ziehbrunnen

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Ziehbrunnen für Weidevieh © Michaela Tebaldi

Nicht nur die kleinen Insekten der Lacken locken unzählige Vögel an – auch die reifen Weintrauben, die jetzt von den Reben hängen, sind ein Leckerbissen für die Tiere. In ganzen Schwärmen gehen sie auf die Suche nach süßen Früchten. Zum Schutz der Trauben werden diese daher mit Netzen vor Räubern geschützt. Die Weingärten, Lacken und Wiesen reichen bis hinunter zum See, der immer wieder zu sehen ist. Stohballen zieren den Weg, der Wind weht über die Felder, und man meint fast, in der spanischen La Mancha zu sein. Man würde sich nicht wundern, wenn plötzlich Don Quichotte mit seiner Rosinante auftauchen würde. Nicht zuletzt wegen der knorrigen Ziehbrunnen.
Diese kuriosen Brunnen waren früher ein fixer Bestandteil der pannonischen Landschaft im Seewinkel. Sie dienten einst als Viehtränken. Das Landschaftsbild des Seewinkels ist nämlich nicht nur durch das Salz sondern auch durch jahrhundertelange, extensive Weidewirtschaft mit Rindern, Schafen, Pferden und Schweinen entstanden. Bis in die Nachkriegszeit waren hier große Herden anzutreffen, die die Flächen frei gehalten und sich am Brunnen erfrischt haben. Von der Weidewirtschaft hat sich die Funktion der Flächen in Wein- und Ackerbau gewandelt, warum die Ziehbrunnen heute keine landwirtschaftliche Bedeutung mehr haben. 

Leuchtturm, Weiße Esel und Ziegen

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Leuchtturm in Podersdorf © Michaela Tebaldi

Nach dem südlichen Stinkersee, einer weiteren Lacke, geht der Weg weiter Richtung Süden. Auf Infotafeln kann man sich auch hier über seltene Entenarten und die Tier- und Pflanzenwelt schlau machen. Vom Aussichtsturm aus kann man zurück nach Illmitz und bis zum See und das hügelige Ufer im Westen sehen. 
Wer noch mehr Lacken erkunden möchte, kann den Weg nach dem Stinkersee weiter Richtung Norden bis nach Podersdorf fortsetzen. Dort trifft man eine Rinderherde an, die zufrieden im Nationalpark nahe des Schilfgürtels grast. Auch Ziegen in allen Farben stehen auf der Weide. 
Eine weitere Variante, um den Zicklacken-Rundweg zu verlängern, ist der Weg zum Sandeck, wo die weißen Esel zu Hause sind. Diese stammen ursprünglich aus der Barockzeit und wurden im Seewinkel wieder erfolgreich angesiedelt. Durch das Fernglas des Nationalparkrangers kann man einen Blick auf die einzigartigen Tiere werfen.

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Blick bis zum Neusiedler See © Michaela Tebaldi

Weglänge: 8,6 km
Dauer: 45 Minuten
Attraktionen: Nationalparkzentrum, Beobachtungspunkte, Aussichtstürme, Ziehbrunnen, Infotafeln