Der dreieckige Turm

Ein Artikel von REISEN Magazin/Gerald Stiptschitsch | 21.08.2023 - 12:47
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Blick vom Turm auf die Burgreste und ins Tal © Gerald Stiptschitsch

Wie es zu dieser seltenen Form eines dreieckigen Turms kam, ist bis heute nicht geklärt. Abseits von zahlreichen mystischen Deutungen scheint es jedoch eine platzsparende Lösung gewesen zu sein, um den Turm auf dem engen Felsplateau errichten zu können. Berichten zufolge wurde der dreieckige Bergfried vom Ritter Berchthold nach einem Bauplan aus dem Heiligen Land errichtet. Im Keller des Turmes soll einst ein glückbringender Talisman gehangen haben.

Das Burgendreieck

Die Tursen, ein Rittergeschlecht im 12. Jh., errichteten die Burg auf dem Bergkegel vor dem Lindkogel, der an drei Seiten einen markanten Steilhang aufweist. An der vierten Seite befindet sich ein Halsgraben, der die Burg schützen sollte. Gemeinsam mit der gegenüberliegenden Burg Rauhenstein und der Burg Scharfeneck soll sie den Verkehrsweg von Baden durch das Helenental über Heiligenkreuz bis zum Triestingtal sichern. Der Volksmund weiß viel von diesem Burgendreieck zu berichten, wobei es meistens schreckliche Erzählungen sind, die von Vergewaltigungen, Raubrittern und grausamen Hinrichtungen handeln. Die Geschichtsschreibung berichtet bei Rauheneck und Rauhenstein von vielen Eroberungen und Zerstörungen, und selten wurden zwei Burgen so oft bezwungen wie diese. 
„Der alte Turso“, der Bauherr der Burg Rauhen­eck, soll bis heute noch sein Unwesen in den Ruinen treiben, obwohl Rauheneck mehrmals zerstört aber immer wieder aufgebaut wurde – zuletzt stürmten 1477 die serbischen Söldner des Ungarn-Königs Matthias Corvinus die Burg und zerstörten sie bis auf die heutigen Reste. 

Rundgang durch die Ruinen

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Im inneren Burghof, der von 8 m hohen Mauern geschützt war, befand sich mit der angebauten Küche und Vorratskammer der Palas © Gerald Stiptschitsch

Eine Holzbrücke führt heute wie einst über den tiefen Halsgraben zur halbrunden Vorburg. Über eine steile Holztreppe gelangt man auf den 25 m hohen Bergfried, den Hauptturm der Burg Rauheneck. Oben angekommen wird man schließlich mit einem atemberaubenden Blick über das Helenental und nach Baden belohnt.
Freiherr von Doblhof ließ 1810 die Ruine ­sichern und für Besucher erschließen. Diese Bemühungen setzte Erzherzog Albrecht, der Eigentümer des benachbarten Schlosses Weilburg, fort, als er 1871 die Anlage erwarb. Schließlich kaufte die Stadt Baden 1961 den Burgberg samt der darauf befindlichen Ruine und ließ diese sanieren.
Aber warum geistert der alte Turso eigentlich bis heute noch in den Ruinen herum und soll jedes Jahr als blaues Flämmchen in der Silvesternacht erscheinen? Man weiß es nicht genau. Einer Legende zufolge soll er aber erst Erlösung finden, wenn auf dem Turm eine Föhre gewachsen ist, die so groß ist, dass man aus ihr eine Wiege zimmern kann. Wenn in dieser Wiege ein Sonntagskind geschaukelt wird und dieses Kind letztlich Priester wird, erst dann soll der Geist zur Ruhe kommen. Bis dahin bleibt noch genügend Zeit, um vielleicht doch mal in der letzten Nacht des Jahres nach einer blauen Flamme Ausschau zu halten.