Wir befinden uns am Westrand des Weinviertels. Etwa 2,5 km östlich der Stadt Eggenburg, in Straning-Grafenberg, ragen mehrere kleine Hügel aus der Ebene. Auf ihnen zeichnen sich seltsame Steinformationen ab, die eher an das nahegelegene Waldviertel erinnern. Es sind die Fehhaube-Kogelsteine, beeindruckendes Ergebnis der sogenannten Wollsackverwitterung und zugleich mystische Kraftplätze.
Mehr als 550 Mio. Jahre sind die mächtigen Blöcke aus Maissauer Granit alt. Die Felsgebilde regten in der Vergangenheit die Fantasie vieler Menschen an, so gab man ihnen ihrem Aussehen nach die Namen "Riesensitz", "Herrgottsitz", "Schwammerl" oder "Fehhaube". Der mit rund 6 m höchste von ihnen ist der sogenannte "Wächter".
Die erste Steingruppe vor Erreichen des "Wächters" und des "Spaltsteins" am Gipfel beherbergt den sog. "Wackelstein". Wenn man sich auf diesen stellt und abwechselnd links und rechts wippt, kann man ihn tatsächlich in Bewegung versetzen. Der entstehende dumpfe Ton entspricht der Frequenz des Herzschlags, was beruhigend wirkt und zur Kräftigung des Herzens beitragen soll.
Steinerne Fehhaube
Einige hundert Meter abseits davon, ebenfalls auf einem kleinen Hügel, befindet sich die namensgebende "Fehhaube". Die Gesteinsformation erinnert stark an einen Kopf mit Helm. Der Sitzstein neben der Fehhaube soll bei Rückenschmerzen angeblich entspannend und kräftigend wirken.
Bis zur Errichtung der Bahnstrecke soll es in der näheren Umgebung noch mehrere Steingebilde gegeben haben, die allerdings größtenteils zerstört wurden.
Die älteste Sternwarte Europas
Dass das Gebiet um die Fehhaube-Kogelsteine kultisch genutzt wurde, belegen urgeschichtliche Funde in Form von bronzezeitlichen Keramikscherben aus der Zeit um 2100 v. Chr. Es handelte sich aber nicht nur um einen Kultplatz, sondern auch um einen Ort, an dem die Menschen bereits vor 8.000 Jahren den Himmel beobachteten – sozusagen die älteste Sternwarte Europas.
Diesbezüglich sind die Bedeutung der Kogelsteine sogar vergleichbar mit jener der Megalithbauten in Frankreich, England oder Malta – über 80 km2 Fläche erstreckt sich diese Weinviertler Steinzeitkultanlage. Sie umfasst neben den Steinformationen noch 94 Kapellen und Bildstöcke in der Umgebung und sogar die Hügel und Kirchen rund um Eggenburg, die als Peilpunkte für Sonnen- und Mondstände dienen. An all diesen Orten standen einst Menhire, Dolmen oder Schalensteine. Einige davon gibt es noch heute, darunter der Dolmen von Stoitzendorf, der Herrgottsitz von Etzmannsdorf oder der Kalenderstein von Leodagger.
Aber welche Rolle spielen nun die Kogelsteine? Nun, an den markanten Jahresdaten, den Sonnwenden und den Tag- und Nachtgleichen erscheint die Sonne genau in den Spalten der Steine, die sich scheinbar zufällig dank Mutter Natur an dieser Stelle befinden.
Der zentrale Stein ist der "Spaltstein", der wegen seines v-förmigen Spalts auch "Venusstein" genannt wird. In ebendiesem Spalt erscheint die Sonne am 21. Juni bei Sonnenaufgang. Das Schauspiel wird jedes Mal von dutzenden Besuchern ab 4 Uhr morgens bestaunt. Daneben steht der "Wächter". Und genau 365,25 m entfernt – Zufall oder bewusste Darstellung der Tage eines Sonnenjahres? – als Gegenpol zum männlichen Wächter befindet sich die weibliche "Fehhaube", Beobachtungsplatz der Wintersonnenwende.
Seltener Silikat-Trockenrasen - besondere Flora und Fauna
Es ist ein besonderer Ort – nicht nur aus spiritueller Sicht, sondern vor allem aus ökologischer. Der Silikat-Trockenrasen auf dem flachgründigen Boden ist Lebensraum vieler zum Teil gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, z.B. der Sand-Schwertlilie (Iris humilis ssp. arenaria), des Böhmischen Gelbsterns (Gagea bohemica) und des Niederliegenden Besenginsters (Cytisus procumbens).
Wer Glück hat, trifft hier auf Ziesel, Feldhamster, den Neuntöter, eine Gottesanbeterin, den Rotleibigen Grashüpfer oder die seltene Fingerkraut-Sandbiene. Ach ja, und dann gibt es noch rund 35 Schafe, die das Gebiet seit 2009 beweiden, um der Verfilzung und Vergrasung des wertvollen Trockenrasens entgegenzuwirken. Nicht umsonst ist das 2,5 ha große Gebiet um die Fehhaube-Kogelsteine als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Tiere und Pflanzen finden inmitten der intensiv bewirtschafteten Agrarflächen ein willkommenes Refugium.
Erreichbarkeit
Das Naturschutzgebiet "Fehhaube-Kogelsteine" erreichen Sie über einen ca. 30-minütigen Fußmarsch von Grafenberg oder Stoitzendorf aus. Auch direkt bei den Kogelsteinen gibt es einen kleinen Parkplatz, der über den Feldweg erreichbar ist.
Sie können aber auch von Eggenburg aus über den Rundwanderweg "Stein und Wein" durch die abwechslungsreiche Landschaft zu den Fehhaube-Kogelsteinen wandern. Die Gesamtgehzeit vom Ausgangspunkt Krahuletz-Museum über die Fehhaube und zurück nach Eggenburg beträgt ca. 2 Stunden.