Prag: Altneu-Synagoge

Ein Artikel von REISEN Magazin/Gerald Stiptschitsch | 04.04.2023 - 11:57
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Typisch für die Altneusynagoge ist der gestufte Ziegelgiebel aus dem 15. Jh. © Petr Bonek/Shutterstock

Errichtet wurde die Altneu-Synagoge um 1270 und fällt von außen durch das steil aufragende Satteldach mit den gotischen Giebeln auf. Sie hat als Andachtsstätte zahlreiche Brände (wegen ihrer sehr soliden Bauweise und weil sie immer allein und isoliert stand), die Slumsanierung im 19. Jh. sowie viele Judenpogrome überstanden und bot den Bewohnern der Josefstadt (Josefov, benannt nach Kaiser Joseph II.), dem einstigen jüdischen Ghetto, immer wieder Schutz. 

Warum alt-neu?

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Der Schrein ist der wertvollste Ort der Synagoge und hütet die geheiligten Thorarollen © Ilan Ejzykowicz/Shutterstock

Woher kommt dieser ungewöhnliche Name, dieses Oxymoron – alt und neu in einem Wort? Im Prager Boden soll der Grundstein des heiligen Tempel von Jerusalem liegen, der von Engeln unter der Bedingung überreicht wurde, dass er am Jüngsten Tag wieder zurückgebracht werde. Realistischer ist, dass die „Altneusynagoge“ zu Anfang einfach nur „Neue Synagoge“ hieß und umbenannt wurde, als eine weitere, inzwischen aber wieder abgerissene Synagoge in der Nähe erbaut wurde.
Neben der Hohen und der Jerusalemer Synagoge ist die Altneu-Synagoge eine der drei Synagogen in Prag, in denen bis heute Gottesdienste abgehalten werden. Die nahe gelegene Klaus- und die Maisel-Synagoge dienen hingegen als religiöse Museen. 

Magische Zahl 12

Ende des 19. Jh. wurden die meisten Gebäude des Ghettos geschliffen und nur einige wenige blieben erhalten; darunter einige Synagogen und das Jüdische Rathaus.
Die Synagoge ist heute noch das religiöse Zentrum der Prager Juden und wird von Touristen wegen ihres speziellen Baus gerne besucht, der in seiner Form bis heute kaum verändert wurde. Dass die Synagoge überhaupt noch steht, ist dem Umstand zu verdanken, dass in der Zeit der deutschen Besetzung Prags das Gebetshaus von den Nationalsozialisten deswegen nicht zerstört wurde, weil die Nationalsozialisten planten, die Synagoge zu einem Museum der „ausgelöschten jüdischen Rasse“ umzugestalten.
Der zweischiffige Hauptraum besitzt ein Rippengewölbe mit einer – unüblichen – fünften Rippe, um die Assoziation mit dem christlichen Kreuz zu vermeiden. Weinblätter, das Symbol der Fruchtbarkeit und Efeu sind häufige Motive und immer wieder stößt man auf die Zahl 12, die auf die 12 Stämme Israels hinweisen. So sieht man über dem Tor des Südvestibüls die Darstellung von Trauben und Blättern an einer gewundenen Weinrebe – Symbol für glückliches Leben.
Auffällig an den Fassaden sind auch die beiden gestuften Backsteingiebel, die aus dem 15. Jh. stammen. Von drei Seiten ist die Synagoge von späteren kleineren Anbauten umgeben, die als Flur sowie als Frauengalerie genutzt werden.