Waldviertel: Wanderung zum zerbrochenen Wackelstein

Ein Artikel von Gerald Stiptschitsch | 10.02.2016 - 08:31

In einem der landschaftlich schönsten Gebiete um Groß Gerungs befindet sich im Pierbichlwald ein Weg, der zur Klauskapelle führt. Der Wanderweg Nr. 36 führt vom Zen­trum schräg gegenüber der Kapelle nach Klein Reinprechts und von da rechts abzweigend zur Klauskapelle. Am westlichen Ortsrand haben wir auch die Möglichkeit, mit dem Auto links bei einem kleinen Marterl abzuzweigen und links haltend bis zu einem kleinen Parkplatz weiter zu fahren, von wo aus wir in wenigen Minuten entlang der Zwettl die Klauskapelle erreichen.

Wer schafft es zu läuten?

Die Klauskapelle war ursprünglich ein einfaches Blockhaus, das 1915 gebaut wurde und als Lusthaus und Ausflugsziel den Besitzern der nahen Fabrik Kehrbach diente. 1933 wurde das Grundstück von der Wirtshausfamilie Schuster aus Harruck ersteigert und das Lusthäuschen nach dem Zweiten Weltkrieg im Andenken an den gefallenen Sohn zu einer Kapelle umgebaut. Die Kapelle wurde am 21. November 1948 durch Prälat Koppensteiner aus dem Stift Zwettl feierlich dem Schweizer Nationalheiligen Klaus von der Flüe geweiht.

Die kleine Glocke, im Volksmund „Wunschglöcklein“ genannt, erhielt am selben Tag ihre Weihe. Wem es gelingt, mit einem kräftigen Zug am Seil die Glocke genau drei mal schlagen zu lassen, hat einen Wunsch frei, der in Erfüllung geht.

Jahrtausende entzweit

Am Weg zur Klauskapelle lag noch vor kurzem ein 24 t schwerer Steinquader, der hochaufragend auf einem anderen Stein ruhte und gerade noch von einer Person mit viel Kraft bewegt werden konnte. Jahrtausende lag dieser Wackelstein auf dem anderen Stein, bis im Oktober 2011 ein Wanderer diesen zum Wackeln gebracht hatte, der Steinquader kurz darauf umkippte und in zwei Teile zerbrach.

Der Wackelstein wurde als Naturdenkmal geführt und liegt heute in zwei Teilen da. Trotzdem lohnt sich der Besuch des Platzes aber immer noch, auch wenn die Gemeinde die Hinweistafeln zum Wackelstein schon entfernt hat und lange Zeit eine Absperrung aus Sicherheitsgründen (weil der Stein jetzt sicher am Boden liegt?) angebracht war.

Die andere Steinformation liegt immer noch kolossal da, mit einem kleinen Spalt, der der Eingang zu einer Höhle sein könnte – bewacht vom Schutzgeist, einer eisernen Maske.

Waldstimmung

Der Wald hat eine ganz spezielle Ausstrahlung, begleitet von der einzigartigen Flusslandschaft der Zwettl. Lauschen Sie dem Bach, der sich den Weg zwischen großen Steinen sucht, oder dem Rauschen der Fichten im Wind sowie dem Vogelgezwitscher. Im Sommer ist der Wald angenehm kühl, im Winter still und schweigsam. Dann knirscht der Schnee unter den Schuhen und bei langer Kälte beginnt der Bach allmählich zuzufrieren.

Mit etwas Glück können Sie auch eine der seltenen Wasseramseln entdecken, die hier nach Nahrung sucht. Zwei kleine Infostellen als Naturlehrpfad angelegt geben Info über die Tiere des Waldes.

Die Sage vom Wackelstein

Vor vielen Jahren lebte nahe der heutigen Ortschaft Harruck ein Müller in seiner Mühle. Seine Frau starb bei der Geburt der Zwillingsbuben und so zog er diese alleine auf, die allerdings nicht wachsen wollten und kleinwüchsig blieben. Die Zwillinge waren fleißig und der Wohlstand und Reichtum des Müllers wuchs von Jahr zu Jahr. Er wurde geizig, faul und trank jeden Tag.

Ein paar hundert Meter oberhalb der Mühle war das Tal sehr eng. Eine Schlucht und steile Felswände machten die Gegend finster. Da das Wasser der Zwettl das Tal immer tiefer machte, rutschten eines Tages die Hänge in das Bachbett ab und die Steine stauten das Wasser. Die Mühle war plötzlich ohne Wasser, die Mül­lersburschen waren arbeitslos und nach einiger Zeit verstarb auch noch der alte Müller an Herzversagen.

Als den Bauern das gelagerte Mehl ausging, halfen sie den Zwillingen, die Schlucht wieder frei zu bekommen. Viele Helfer kamen aus den angrenzenden Dörfern und entfernten die großen Steine mit lautem „Horuck, Horuck“, sodass der Bach wieder fließen konnte.

Einen großen Stein, der auf einem anderen Stein lag, konnten sie nicht entfernen, obwohl dieser wackelte. Die Müllersburschen aber sagten: „Lasst diesen Stein liegen. Das Wasser wird ihn schon nicht herunter spülen. Vielleicht hat ein höheres Wesen es so gewollt. Hauptsache die Mühle hat wieder Wasser, um das Mühlrad zu betreiben." Das heutige Harruck, von wo damals viele Leute helfen kamen, nannte man lange das Dorf „Horuck“.

Die Route zur Wanderung finden Sie auch auf outdooractive.com.

Stand: Winter 2016

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