Waldviertel: Natur-Energie-Kraft-Rundwanderweg

Ein Artikel von Mag. (FH) Eva Riegler | 08.03.2016 - 10:38

Dass sich die Nutzung des Wassers zur Energiegewinnung nicht unbedingt nachteilig auf die Umwelt auswirken muss, zeigen anschaulich die Kamp­stauseen. Harmonisch fügen sich die von Menschenhand geschaffenen Gewässer in die Landschaft ein, die wir bei unserer Wanderung kennenlernen.

Energiegewinnnung & Landschaftsschutz

Der Stausee Ottenstein, neben Dobra und Thurnberg der dritte und größte in der Region, hat eine Länge von 14 km und reicht beinahe bis zum Zisterzienserstift Zwettl. Hinter der 69 m hohen Gewölbestaumauer wird das Wasser des Kamps aufgestaut. Bei Vollstau beinhaltet der 4,3 km2 große See unvorstellbare 73 Millionen m³ Wasser. In den 1950er-Jahren wurde der Stausee als Oberbecken für das Speicherkraftwerk Ottenstein errichtet. Heute werden mit dem Wasser vier Francis Turbinen mit einer Nennleistung von jeweils 12 MW betrieben.

Die gesamte Region um die Kampseen wurde zum Landschaftsschutzgebiet erklärt und wird gerne als Naherholungsraum genutzt. Ob im Fahrradsattel, in Wanderschuhen oder an einem Seil dutzende Meter über dem Wasserspiegel in der Wand hängend – es gibt viele Möglichkeiten die Gegend zu erkunden.

Sehenswerte Burg Ottenstein

Wir starten unsere Wanderung am Parkplatz Kampsee Ottenstein, wo sich auch das Infozentrum befindet. Gleich zu Beginn fällt unser Blick auf die mächtige Burg Ottenstein auf der Anhöhe über dem Stausee. Der Name wird auf den Ritter Hugo de Ottostaine zurückgeführt, der 1177 erstmals urkundliche Erwähnung findet, auch wenn das Bauwerk tatsächlich älter sein dürfte.

Die Ottensteiner waren verwandt mit den Herren von Rauheneck bei Baden und lebten hier bis in die erste Hälfte des 15. Jh. In den folgenden Jahren wechselte die Herrschaft des Öfteren den Besitzer, bis sie 1536 an die Familie Lamberg verkauft wurde, die 400 Jahre die Geschicke der Burg und der Region lenken sollte. 1622 und 1640 wurde die Burg im Dreißig­jährigen Krieg belagert, beide Male erfolglos.

Ab 1679 erfolgten zahlreiche barocke Umbauten, die heute noch sichtbar sind. Die Kapelle, dem hl. Florian geweiht, wurde von Lorando Aliprandi mit viel Stuck versehen. Im sogenannten Päpstezimmer hängen Portraits von 241 Päpsten. Die Kunstsammlung, die von den Lambergs angelegt wurde, schenkte Franz Adam von Lamberg 1822 der dadurch entstandenen Galerie der Akademie der bildenden Künste in Wien.

Wie viele andere Burgen wurde Ottenstein von 1867 bis 1878 romantisiert und erhielt Kegel- und Zeltdächer und rot-weiß-rote Fensterläden. Zu den ältesten Teilen des Bauwerkes zählt die Burgkapelle mit Fresken aus der zweiten Hälfte des 12. Jh., die erst 1975 freigelegt wurden.

Versteckte Kostbarkeiten

Unser Weg führt am Kampsee entlang bis zum Aussichtspunkt „Lichtenfelsblick“. Ursprünglich auf einem bewaldeten Felskopf eines Berghangs erbaut, liegt die Burg heute auf einer Halbinsel des Stausees. Sie gehörte zu den kleineren Besitztümern, die an die Ländereien der Kuenringer grenzte und aus dem Erbe der deutschen Könige stammte.

Diese hatten im 12. Jh. das Gebiet an kleine Adelshäuser vergeben, um die Region des Kamptales urbar zu machen. In ihrer wechselvollen Geschichte diente die Burg für einige Zeit als Versteck der Kostbarkeiten und Bücher der Bibliothek des Stiftes Zwettl vor den plündernden Hussiten. Seit 1872 ist die ehemalige Herrschaft Lichtenfels im Besitz der gräflichen Familie Thurn-Valsassina und nicht für Besichtigungen geöffnet.

Der steinerne Metzen

Nach ca. 4 km erreichen wir die Prader-Jagdhütte und biegen nun links ein. Wir halten uns immer Richtung Rastenfeld und sehen schon von weitem die Pfarrkirche „Mariä Himmelfahrt“ aus dem Jahr 1330. Kirche und Turm sind romanische Anlagen, die an die Ritterkapelle angebaut wurden. Die ersten Nennungen der Gemeinde stammen aus dem 13. Jh., als der Ort zunehmend an Bedeutung gewann.

1254 erscheint ein Otto de Rastenveld, 1271 wird Rastenfeld in einer Urkunde des Hugo von Lichtenfels erstmals als Markt bezeichnet. Wichtigstes Handelsgut war Getreide.

Die frühe Bedeutung Rastenfelds als Getreidemarkt bezeugt der um 1300 erbaute und noch immer bestehende steinerne Metzen neben der Pfarrkirche, mit dem die Kornmengen gemessen wurden. Er gilt als ältestes erhaltenes Hohlmaß in Österreich. Die Steinmetzen, von denen in Österreich nur mehr wenige erhalten sind, dienten als Eichmaße (1 Metzen = 61,49 l) für die meist hölzernen Gebinde der Bevölkerung.

Wer mit zu kleinem Metzen seinen Handelspartner über den Tisch zog, musste mit Bestrafung rechnen. Manch betrügerischer Händler wurde am Pranger – der ebenfalls noch erhalten ist – dem Spott der vorbeigehenden Menschen preisgegeben. Im Rahmen der niederen Gerichtsbarkeit dienten derartige Säulen bis Ende des 18. Jh. der Bestrafung von Übeltätern. Unter Joseph II. wurde die öffentliche Bloßstellung endgültig verboten.

Sehenswert in Rastenfeld sind auch die alten Bürgerhäuser um den rechteckig angelegten Marktplatz, die vom einstigen Wohlstand der Gemeinde zeugen sowie die Statue des Hl. Florian. Vom Marktplatz führt der Weg in eine kleine Gasse links vor der Fleischerei Böck zur Brücke und über die Bundesstraße.

Über die Staumauer

Wir verlassen Rastenfeld und wandern entlang von Wiesen, Feldern und Waldrändern weiter. Nach einem kurzen Anstieg erreichen wir den höchsten Punkt unserer Wanderung. Weiter geht es nun zum Hotel-Restaurant Ottenstein, dessen Gelände unser Weg quert.

Einmal noch müssen wir über die Bundesstraße, bevor wir zu unserem Ausgangspunkt zurückkehren. Rechts vom Parkplatz führt der Weg noch ein kurzes Stück zur Staumauer. Diesen sollten Sie noch auf sich nehmen, Sie werden mit einem beeindruckenden Ausblick auf das Kraftwerk Ottenstein belohnt.

Natur-Energie-Kraft-Rundwanderweg

Die Route zur Wanderung finden Sie auch auf outdooractive.com.

Anfahrt: Auf der Kremser Bundesstraße (B37) Richtung Zwettl, nach Gföhl verlassen Sie die B37 Richtung Jaidhof und Krumau bis zum Kampsee Ottenstein.

Besonderheiten: Abwechslungsreiche Wanderung durch das Waldviertel ohne nennenswerte Steigungen.

Einkehrmöglichkeiten: Hotelrestaurant Ottenstein, Gaststätten in Rastenfeld

Stand: 2016

Wir weisen darauf hin, dass wir keine Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Informationen sowie für gegebenenfalls daraus resultierenden Schaden übernehmen.

14574630410688.jpg

© Christiane Bartal