Das Erstellen von Ornamenten aus Perlen ist neues UNESCO-Kulturerbe der Tschechischen Republik © Patrik Borecky/Rautis
Die UNESCO widmet sich dem Schutz alter Traditionen, Volksbräuche und Handwerke aus der ganzen Welt. Tschechien war bislang mit 6 Einträgen in Liste der UNESCO-Weltkulturerbe vertreten: den Verbunk, seine Karnevalsprozessionen und Masken in der Region Hlinsko, die Falknerei, den Königsritt im Südosten der Tschechischen Republik, die Puppenspielkunst sowie den Blaudruck.
Seit Dezember wurde auch das Erstellen von Ornamenten aus Perlen in die immaterielle UNESCO-Weltkulturerbeliste aufgenommen.
Glasperlenherstellung – wie alles begann
Poniklá ist der einzige Ort weltweit, in dem das traditionelle Glasperlenhandwerk bis heute bewahrt blieb © Patrik Borecky/Rautis
Die Tradition und die Herstellung der Weihnachtsdekorationen aus Glasperlen, auf die sich die Firma Rautis im tschechischen Poniklá spezialisiert hat, ist einzigartig. Solche gläsernen Hohlperlen sind einfach, aber völlig außergewöhnlich.
Die Verwendung von geblasenen, hohlen Glasperlen als Schmuck für den Weihnachtsbaum hat seit Ende des 19. Jh. Tradition. Damals begannen Glasmacher im Iser- und Riesengebirge, die für die Schmuckindustrie zu Hause geblasene Perlen herstellten, aus diesen Perlen Dekoration zu produzieren und den Weihnachtsbaum zu schmücken. Die aus Glasperlen gefertigten Miniatur-Perlenwagen, Lokomotiven, Sternen oder Spinnen nahmen an Beliebtheit immer mehr zu und wurden sehr bald in großen Mengen hergestellt. In den 1930er Jahren exportierte man sogar in die ganze Welt. Man spricht von den 1920er und 1930er Jahren als Blütezeit des mundgeblasenen Glasperlenschmucks.
Glasperlen wie vor 100 Jahren
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts gelang es, den Betrieb einer Manufaktur zu retten, die als einzige auf der Welt Ornamente herstellte, die mit jenen identisch waren, die Glasmacher vor mehr als hundert Jahren mit traditionellen technologischen Methoden zu Hause hergestellt haben. Zusätzlich zu den ursprünglichen Entwürfen wurden einige neue hinzugefügt. Neben den klassischen Weihnachtsmotiven von Sternen und Glocken enthält das Rautis-Repertoire heute fast 20.000 Arten von Weihnachtsdekorationen, wie z.B. Motive von Engeln, Spielzeugautos, Flugzeugen, Puppen und mehr.
Der ursprüngliche Herstellungsprozess blieb dabei erhalten. In den Werkstätten der Poniklá-Manufaktur werden wie vor mehr als hundert Jahren Halbwaren und Muster von Ornamenten hergestellt, die dann von Mitarbeitern zu Hause mit Drähten und geblasenen Perlen zusammengesetzt werden. Die fertigen Kunstwerke werden an tschechische und ausländische Kunden versandt.
Der Weg bis zur Glasperle
Der Weg einer Glasperle ist recht lang: Zuerst wird sie aus einem Glasröhrchen geblasen, dann versilbert, gefärbt, bemalt und zuletzt abgezwickt. All diese Schritte erfolgen manuell, erst dann kann die Glasperle auf Draht aufgefädelt werden. Die Muster sind unglaubliche vielfältig. Anfänglich entstanden vor allem Nachahmungen von Alltagsgegenständen, Verkehrsmitteln oder Tieren. Später standen die typischen Weihnachtsmotive im Vorergrund – Sterne, Engelchen oder Christbaumspitzen.
Die Firma Rautis ist heute der einzige Hersteller dieser Schmuckform weltweit. Es gelang dem tschechischen Unternehmen, alte Muster, Formen für Glasperlen und manuelle Herstellungsverfahren, vor allem aber die Produktion an ihrer Wiege zu bewahren – im Riesengebirgsort Poniklá v Krkonoších. Die Produktionsräume sind öffentlich zugänglich, bei Betriebsbesichtigungen sehen die Besucher den gesamten Herstellungsprozess des Glasschmuckes – vom Blasen aus Glasröhrchen, über das Versilbern, Färben und Schneiden der Glasperlen, bis zur Montage des Schmucks. Alles ist Handarbeit, jede Glasperle geht durch mindestens sechs Hände, bevor sie im Schmuck verarbeitet wird. Die Exkursionen finden täglich statt und dauern rund 40 Minuten. Wer danach selbst kreativ werden möchte, kann in der Kreativwerkstatt eigenen Perlenschmuck anfertigen.
Info: www.visitczechrepublic.com
