Geheimtipp: Corfu-Trail

Ein Artikel von REISEN-Magazin | 29.04.2022 - 10:32
shutterstock_1395492032.jpg

Smaragdgrün leuchtet das Wasser rund um die Insel © Yannik Photography/Shutterstock

Korfu trägt den klingenden Beinamen „Smaragdinsel“ nicht etwa wegen geheimer Edelsteinvorkommen, sondern aufgrund seiner intensiv grünen Farbe, die einen überall umgibt. Ob man nun nur einen Tagestrip plant oder in zehn bis zwölf Tagen den ganzen Trail in Angriff nimmt – das türkisblauer Wasser begleitet einen auf Schritt und Tritt.

Auf venezianischen Karrenwegen

Dank der Briten, die im 19. Jh. Korfu kolonialisierten, verfügt die Insel über ein 700 km langes Straßennetz und ist somit bestens erschlossen. Es erscheint kaum verwunderlich, dass auch für die Inselerschließung zu Fuß ebenfalls eine Britin verantwortlich war, die den „Corfu-Trail“ ins Leben rief. Vorlage für den Trail waren die bereits bestehenden und noch gut erhaltenen, gepflasterten Karrenwege aus venezianischer Zeit. Zusammen mit Feldwegen, Eselpfaden und schmalen Bauernwegen ergibt der Trail ein 222 km langes Wandernetz über die ganze Insel. Die Anzahl der Etappen hängt ganz davon ab, wie ausgiebig die Stopps in den wunderschönen Lagunen sein dürfen. Der „Corfu-Trail“ führt dabei über Gebirgspässe mit spektakulären Aussichten, zu abgelegensten Klöstern wie aus einer vergessenen Zeit und wieder hinab zu traumhaften Buchten mit türkisklarem Wasser.

Jahrhundertealte Olivenbäume

shutterstock_42006628.jpg

Uralte Olivenhaine spenden Schatten © Marketa Mark/Shutterstock

Wer den Corfu-Trail beschreitet, ist gut beraten, wenn er für die Route ein GPS-fähiges Gerät mit dabei hat, denn der Weg ist leider nicht durchgehend beschriftet. Gut ausgerüstet kann es also losgehen auf Inselerkundung. Die üppige Vegetation konnte sich dank der hohen Niederschlagsrate und reichen Grundwasserverhältnisse etablieren und stellt eine Ausnahme im sonst eher trockenen Griechenland dar. Der „Corfu-Trail“ zieht sich wie ein botanischer Lehrpfad durch die unterschiedlichen Vegetationsstufen der ionischen Insel. Allem voran aber prägen jahrhundertealte Olivenbäume das Bild. Die Venezianer brachten sie damals auf Korfu. Mittlerweile sich selbst überlassen, gibt es unter den vier Millionen Olivenbäumen viele knorrige Exemplare, die die fruchtbaren Hügel gestalten. Das Olivenöl ist nach wie vor Korfus wichtigstes Exportgut. Aber auch duftender Rosmarin, Thymian und Oregano säumen den Weg und unterstreichen das typisch mediterrane Sinneserlebnis.

Wo schon Kaiserin Sisi gerne kurte

„O könnt’ ich wieder sinnend schreiten / Im duftenden Orangenhain“, dichtete Kaiserin Sisi schon über die Sinnesräusche auf Korfu. Eine ihrer zahlreichen Kuren verschlug die liberale Monarchin auf Korfu, wo sie die Chance sah, in diesem „Garten Eden“ eine dauerhafte Zuflucht zu finden. Sie ließ den Palast „Achilleion“ bauen und mit Statuen und Büsten ihrer Lieblingsdichter und -philosophen ausstatten. Heute ist die Villa noch immer gut erhalten und teilweise als Museum zu besichtigen. Der österreichische Kaiser war von ihrer Wandlung durch Korfu schockiert: Sisi hat sich aus Liebe zum Meer einen Anker auf die Schulter tätowieren lassen und bezeichnete sich selbst als Griechin. Eine „furchtbare Überraschung“ für den verliebten Gatten, doch Sisi war seiner Welt schon längst entflohen. Achilles, Namensgeber des Palasts, verachtete Könige und Traditionen – und wurde dafür von der Kaiserin geliebt.

Abseits vom Massentourismus

shutterstock_1475188088.jpg

Dorfidyll in Paleo Perithia © Tupungato/Shutterstock

Beim Anblick der Berge Albaniens, die sich hinter der Küste Nordgriechenlands erstrecken und dem silbergrünen Meer aus Bäumen zu Füßen, kommt man schnell stillschweigend zum selben Schluss wie Kaiserin Sisi: Einfach hier zu bleiben, das wär’s. Der Tourismus auf Korfu beschränkt sich hauptsächlich auf die Küstengegenden. Kein Wunder, denn die Traumstrände übertreffen in der Realität selbst Hochglanzprospektfotos. Der „Corfu-Trail“ führt immer wieder auch ins wilde Innere der Insel und zu entlegeneren Felsbuchten. Auf einer der schönsten Etappen gelangt man auf einem alten Eselpfad in das verlassene Bergdorf Paleo Perithia. Um geschützt vor Piraten und Mückenplagen in Wassernähe zu sein, erbauten die Byzantiner das Dorf weit weg vom Strand. Sobald man Herr der Lage wurde, sicherte sich die Bevölkerung allerdings die bessere Lage an der Küste und gab das Dorf auf, das heute immer noch gut erhalten ein tolles Ausflugsziel für Zeitreisende ist. Zurück auf den touristisch ausgetreteneren Pfaden, also den Strandpromenaden, ziehen die Wanderschuhe erneut fragende Blicke von Strandurlaubern sowie Einheimischen auf sich. Wenn man dann zusammen mit den herzlichen Korfioten den Sonnenuntergang genießt und von der soeben absolvierten Wanderung schwärmt, schauen diese nur verwundert über dem Cocktailglas auf: Vom „Corfu-Trail“ haben sie noch nie gehört.

Weglänge: 122 km
8 bis 10 Tagesetappen empfohlen
Höhepunkte: Schutzgebiet Ropa Tal, Paleo Perithia, Cape Agia Ekaterin, Salzlagune in Alikes, Karstplateau, Dünen und Wacholderwald in Issos, Byzantinische Festung in Gardiki, verlassenes Kloster in Agi Deka, Antinioti Lagune.

Die Pfade des „Corfu-Trail“ verlaufen über die ganze Insel. Die Etappen sind je nach Geschmack dabei frei einzuteilen, da die Grundversorgung und Unterkünfte entlang der 122 km langen Route gut verteilt ist. Wir empfehlen allerdings, von Süden nach Norden zu wandern, was für die Kondition im weiteren Streckenverlauf angenehmer ist.