Luchse in Wiens Quellenschutzwäldern

Ein Artikel von Michaela Tebaldi/PID | 25.01.2021 - 09:27
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Der Luchs ist ein sehr scheues Raubtier und zeigt sich so gut wie nie © Milan Rybar/shutterstock

Bereits im Lauf des vergangenen Jahres vermuteten Experten die Anwesenheit von Luchsen  in den Quellenschutzwäldern der Stadt Wien (Hochschwab/Rax/Schneeberg). Grund dafür waren eindeutige Beutetierreste. Zu Weihnachten konnten dann gleich zwei Luchse unterschiedlichen Geschlechts nachgewiesen werden. Eine kleine Sensation! 

Zerschnittene Lebensräume machen dem Luchs zu schaffen

Der Luchs galt in Europa als so gut wie ausgerottet. Genauer gesagt handelt es sich um den  Eurasischen Luchs – 1918 wurde das letzte Exemplar im Bregenzerwald erlegt. Danach gab es aber Versuche der Wiederansiedelung. Die seltenen natürlichen Vorkommen gehen weitgehend auf die Wiederansiedlungen in den 1970er und 1980er Jahren zurück. Heute zählt die Raubkatze zu den streng geschützten Tieren.
Forstdirektor Andreas Januskovecz ist besonders erfreut über die kürzliche Sichtung: „Der Luchs gehört zum natürlichen Artenspektrum in unseren Wäldern. Gemeinsam mit anderen in unseren Wäldern wieder heimischen Raubtieren, wie dem Wolf, tragen sie zur Erhaltung eines ökologischen Wildstandes auf natürliche Weise bei.“ 
Luchse benötigen große, zusammenhängende Waldgebiete. In Österreich leidet die seltene Art jedoch besonders unter zerschnittenen Lebensräumen. Straßen und Infrastruktur verhindern, dass einzelne Luchse zur Fortpflanzung zueinander finden.

Luchse sind Fleischfresser

Ein Markenzeichen des Luchses ist sein Einzelgängertum. Er benötigt ein Revier von 50 bis 400 km2 – je nach Nahrungsangebot und landschaftlichen Gegebenheiten. Luchse sind reine Fleischfresser und benötigen ca. 2 kg Fleisch pro Tag. Rehe und Gämsen führen die Speisekarte der Raubkatzen an, sie sind aber auch mit Hasen, Mäusen, Eichhörnchen, jungen Wildschweine und anderen kleinen Säugetieren zufrieden. Wenn es sein muss, fressen sie auch Fische und Vögel. 
Der in Mitteleuropa vorkommende Eurasische Luchs erreicht eine Schulterhöhe von 50 bis 70 cm. Die Weibchen bringen rund 73 Tage nach der Paarung bis zu fünf Jungen auf die Welt. Die Lebenserwartung von freilebenden Luchsen beträgt 10 bis 15 Jahre.

Jeder Luchs hat eine individuelle Fellzeichnung

Wie vor dem Wolf, fürchten sich auch viele Menschen vor dem Luchs, der ja eine wildlebende Raubkatze ist. Dazu gibt es aber keinen Grund. Luchse sind besonders scheue Raubtiere, es ist äußerst schwer, ein Exemplar zu Gesicht zu bekommen, da die Tiere wahre Tarnkünstler sind. Der Mensch passt gar nicht ins Beuteschema der Tiere –ganz im Gegenteil  – Luchse halten sich fern jeglicher menschlicher Nähe.
Mehrere Organisationen, u.a. der Forst- und Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien und der WWF, bemühen sich seit Jahren darum, die Wiederansiedelung des Luchses in Österreich zu forcieren. Um die räumliche und zahlenmäßige Entwicklung einer Population zu dokumentieren, ist ein aufwendiges Monitoring erforderlich. Ein Nachweis über die Anzahl der vorkommenden Tiere kann über die Fellzeichnung der Tiere erbracht werden. Jeder Luchs hat eine individuelle Fellzeichnung und kann anhand von Fotos zum Beispiel von Wildkameras identifiziert werden. In den Quellenschutzwälder der Stadt Wien war es möglich, die erfolgreiche Wideransiedelung in den letzten Monaten mehrmals dokumentieren.

>> Lesen Sie dazu auch: Auf den Spuren des Luchses