Da Vincis Säge

Ein Artikel von Monika Stroj | 02.10.2025 - 12:36

Dort führt ein Wanderweg zum Ursprung der Tiebelquellen vorbei. Die Tiebel ist es auch, die das Wasserrad der Säge, den sogenannten „Waschl“, antreibt. Das Venezianer Gatter befindet sich am liebevoll gepflegten Anwesen von Familie Kröndl, vor einigen Jahren wurde die Säge mit Hilfe traditioneller Werkzeuge restauriert.

Funktionsweise des Venezianer Gatters

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Die Säge funktioniert bis heute – nach einem Prinzip, das Leonardo Da Vinci vor 500 Jahren entwickelte © Stroj

Es handelt sich um eine sogenannte Blochsäge. Das Bloch wird auf einem Sägewagen eingespannt und dadurch die Dicke des geschnittenen Bretts bestimmt. Dieser Blochwagen verläuft auf breiten Walzen im Boden, er wird mit jedem Hub der Säge weiter bewegt – die Antriebswelle treibt eine Kurbel an und sorgt dafür, dass sich das Sägeblatt nach oben und unten bewegt. Zugleich lässt sie das Bloch mit jedem Hub weiter auf die Säge zukommen. So dauert es einige Minuten, bis ein Brett entlang der ganzen Länge vom Bloch abgeschnitten ist – ganz allein durch die Kraft des Wassers.

 

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Schritt für Schritt bewegt sich der Wagen mit dem Bloch auf das Sägeblatt zu © Stroj

Konzipiert hat diese Art der Brettersäge einst Leonardo Da Vinci – man fand in seinen Codices aus dem 16. Jh. detaillierte Skizzen vom hier beschriebenen Mechanismus einer Gatter- bzw. Rahmensäge. Er machte es sich zur Aufgabe, das Zerschneiden von Holz rationeller zu gestalten – im Prinzip war dieser Mechanismus der Vorläufer moderner Sägewerke: Der Antrieb des Wasserrads lässt ein in einen Holzrahmen gespanntes Sägeblatt auf und ab bewegen und schiebt das zu schneidende Bloch durch automatischen Vorschub gegen die Säge. Da diese Art der Säge in den Alpen und Venedig verwendet wurde, dürfte es zur Bezeichnung „Venezianer Gatter“ gekommen sein. 

Sagenumwobenes Quellgebiet

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Idyllisch liegt die Säge ein kleines Stück unterhalb der rauschenden Tiebelquellen © Stiptschitsch

Die Tiebel entspringt aus rund 100 Quellen, die ein Stück oberhalb des Venezianer Gatters mit großem Druck aus dem Untergrund sprudeln. Sie sind eines der größten Wasserquellgebiete Österreichs. Zahlreiche Sagen ranken sich um das ungewöhnliche Quellgebiet, aus dem das Wasser ganzjährig mit ca. 7 Grad Celsius fließt – unabhängig von großen Niederschlägen, Eis und Schnee. Die Einzigartigkeit des Gebiets spiegelt sich auch in der hier vorherrschenden besonderen Artenvielfalt wider, so fühlen sich etwa das gefleckte Knabenkraut und Feuersalamander hier wohl.

Entlang der Tiebel hat das Schmiedewesen floriert – im 18. Jh. wurde weit über die Grenzen hinaus exportiert. Zahlreiche Eisen- und Hammerwerke sowie Mühlen liefen hier einst. Auch die Mehlteurer Mühle, ein Stück weiter oben an der Tiebel gelegen, ist ein gut erhaltener Zeuge aus diesen vergangenen Tagen.

Info: www.himmelberg.at

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