Wiener Weinwandertag: Den Wein erwandern

Ein Artikel von REISEN-Magazin | 22.09.2020 - 10:52
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Genusswandern: Ein Glas Wein, eine Heurigenjause und ein wunderschöner Blick über Wien und die Weinberge © Gerald Stiptschitsch

Schon Wilhelm Busch bemerkte einst „Rotwein ist für alte Knaben – eine von den besten Gaben“. Naja, zu den „alten Knaben“ zähl ich mich wohl weniger, dann schon eher zu den „alten Mädchen“.  Und um dieser „besten Gaben“ auf die Spur zu kommen, habe ich mich entschlossen, den Wiener Weinwandertag dafür zu nutzen.

Völkerwanderung auf Römerspuren

Von meinen Freundinnen habe ich mir ja sagen lassen, dass bei schönem Wetter eine regelrechte Völkerwanderung stattfindet. Die Stadt Wien hat die Routen vor drei Jahren von zwei auf drei sogar erhöht, um das durstige Volk besser verteilen zu können. 
Den Römern hat es Wien zu verdanken, dass hier Wein angebaut wird. Wie eng Wien mit dem Wein verbunden ist, könnte man an den beiden Buchstaben im Wort ableiten, die einfach nur vertauscht werden müssen. Auch wenn die beiden Wörter in Wirklichkeit nichts miteinander zu tun haben, drängt sich mir doch der Gedanke auf, ob nicht die Römer das Legionslager Vindobona mit dem Wort „Vino“ für Wein in Verbindung gebracht haben? Wie auch immer, jedenfalls konnte die hiesige Bevölkerung v. a. der Weißwein überzeugen, sodass nur 20 % der Anbaufläche auf Rotweinsorten fällt. Da hat wohl Wilhelm Busch mit seinem Reim auf die Wiener mit ihrem Weißwein vergessen! 

Mehr trinken, weniger gehen

Gut. Dann also los mit meinen Mädels, die auf dem Gebiet des Weinwandertags schon zu den alten Hasen zählen. Wir haben uns für die kürzere, dritte Route, die als etwa 2,4 km langer Rundweg angelegt ist, entschieden. Das bedeutet: weniger gehen, dafür mehr Zeit zum Trinken ... Naja, es soll ja kein Gelage werden, aber überanstrengen wollen wir uns  schließlich auch nicht. Und so halten wir uns ganz an die Wiener Gemütlichkeit, zu der auch eine gehörige Portion Genuss zählt. Und wieder frag ich mich, ob die Wiener Mentalität mit ihrer Gemütlichkeit durch den regen Weinanbau entstanden ist oder der Weinanbau durch die Wiener Gemütlichkeit forciert wurde. Immerhin ist Wien mit über 700 Hektar Weingärten weltweit die einzige Millionenmetropole mit wirtschaftlich bedeutendem Weinanbau. 190 Winzer bewirtschaften die Weingärten von Kahlenberg, Nussberg, Bisamberg und Mauer – wo die Donau und der nahe Wienerwald ein ideales Klima – das Weinbauklima – schaffen. Fast die Hälfte der Weingärten liegt im 19. Bezirk, mehr als ein Drittel im 21. Bezirk. Weitere Rebflächen sind im 23., 10., 17. und 16. Bezirk vorzufinden. Angebaut werden hauptsächlich  Grüner Veltliner, aber auch Rheinriesling und Weißburgunder. Beim „Außenseiter“ Rotwein punktet der Blaue Zweigelt, gefolgt von Blauem Burgunder, Cabernet Sauvignon sowie Blauburger und St. Laurent. 

Harmonie zwischen den Weingärten

Zum Wandern sind wir letztlich tatsächlich – trotz der kurzen Route – nicht viel gekommen. Die Plätze waren zu gemütlich, das Wetter viel zu schön und die Stimmung unter den vielen Leuten, die sich ebenfalls als „Wanderer“ bezeichnen wollten, einfach zu harmonisch. Nicht mal in den langen Schlangen, die sich beim Weinausschank bildeten, brach Ungeduld auf. Und so machten wir es uns einfach auf einer mitgebrachten Decke bequem, packten noch ein paar mitgebrachte Salzstangerl sowie Liptauer aus – und da war sie, die Wiener Gemütlichkeit. Hinzu der schöne Ausblick auf die Stadt und ein Wohlbehagen macht sich breit, während ich an meinem Weinglas nippe und an den berühmten griechischen Philosophen Plutarch von Chäronea denke, der einst meinte „Der Wein ist unter den Getränken das Nützlichste, unter den Arzeneien die Schmackhafteste, und unter den Nahrungsmitteln das Angenehmste.“ Wie recht er doch hatte!

Der heurige Wiener Weinwandertag findet von 3. bis 4. Oktober statt.
Alle Infos
dazu unter: Wiener Weinwandertag