Kennen Sie diese „Lost Places“?

Ein Artikel von Michaela Tebaldi | 17.06.2020 - 11:18
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Dank des Diamantenabbaus herrschte in Kolmannskuppe früher der reinste Luxus – heute schwer vorstellbar © Nick Fox/shutterstock

Unheimliche Geisterstädte haben eine besondere Anziehung auf die Menschen. Nicht umsonst sind solche Orte oft Touristenmagnete. Zurückgebliebene Gegenstände erzählen von Schicksalen und Katastrophen. Wir zeigen Ihnen die 5 unheimlichsten Geisterstädte.

Gunkanjima: Inspiration für James-Bond-Szene

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Gunkanjima wurde zum Opfer von Energiereformen und ist heute Mahnmal der Ausbeutung von Mensch und Natur © Sean Pavone/shutterstock

Wie ein versunkenes Kriegsschiff liegt Gunkanjima („Kriegsschiff-Insel“, der offizielle Name ist Hashima) vor Nagasaki. Von der Insel aus wurde 1887 bis 1974 unterseeischer Kohleabbau betrieben. Im Zweiten Weltkrieg hausten und arbeiteten dort chinesische und koreanische Zwangsarbeiter unter unmenschlichen Bedingungen. 1959 verzeichnete die nur 480 x 160 m große Insel mit nahezu 6.000 Einwohnern eine der weltweit höchsten Bevölkerungsdichten
Im Zuge der Energiereformen wurden die Kohlewerke am 15. Jänner 1974 stillgelegt  – die Bewohner waren auf der Stelle arbeitslos und verließen das seither verwaiste Eiland. Gunkanjima gilt heute als Mahnmal der rücksichtslosen Industrialisierung und Ausbeutung von Mensch und Natur.
Seit 2009 ist die Stätte nach 35 Jahren wieder zugänglich, die Stadt Nagasaki bietet Umrundungen mit Booten an. Gunkanjima diente im Jahr 2011 in „James Bond 007 – Skyfall“ als Inspiration für die „Tote Stadt“ – seither ist die Geisterinsel bei Touristen noch beliebter.

Prypjat: die evakuierte Stadt

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Der Vergnügungspark hätte im Mai 1986 eröffnet werden sollen. Im April musste die gesamte Stadt evakuiert werden © Lukas.Pernicky/shutterstock

Prypjat, 5 km vom Atomkraftwerk Tschernobyl entfernt, war die erste Stadt, die die radioaktive Wolke im April 1986 erreichte. Die kleine Stadt war 1970 für die Mitarbeiter im Kernkraftwerk gegründet worden. 36 Stunden nach dem Super-GAU begann die Evakuierung. Zunächst ließ man die 50.000 Einwohner von Prypjat im Glauben, dass es sich nur um einen kleinen Zwischenfall im AKW handele und sie bald in ihre Häuser zurückkehren könnten. Viele Menschen ließen daher ihr Hab und Gut zurück.
Mittlerweile erobert sich die Natur die einst größte Stadt der Sperrzone zurück. Bäume wachsen in den Gebäuden. Puppen liegen auf dem Boden der Kindergärten verstreut. Große Teile der Infrastruktur sind noch vorhanden – inklusive einem Rummelplatz mit Autoscooter und Riesenrad.  Der kleine Vergnügungspark hätte am 1. Mai 1986 eröffnet werden sollen, wozu es jedoch nicht mehr kam.

Varoscha: einst St. Tropez des östlichen Mittelmeers

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Vom Urlaubsparadies zur Geisterstadt – nach dem Zypernkonflikt trennt ein Zaun den Strand © trabantos/shutterstock

Feinster Sandstrand, azurblaues Meer. Ein Urlaubsparadies. Dennoch: verlassene Betonburgen, wohin das Auge reicht. Varoscha war einmal ein blühender Touristenort mit mehr als 100 Hotels, 99 „recreation-centers“, 21 Banken, 24 Theatern und Kinos und rund 3.000 Geschäften. Im „St. Tropez des östlichen Mittelmeeres“ suchten selbst Elizabeth Taylor, Brigitte Bardot und Richard Burton Erholung. Sophia Loren besaß eine Villa am Strand. Was war passiert? 
Während des Zypernkonfliktes stritten Griechen und Türken erbittert um das florierende Ferienstädtchen – bis es 1974 zum militärischen Sperrgebiet erklärt wurde und es die Bewohner fluchtartig verließen. Ein Zaun trennt den Traumstrand seither vom türkischen Teil Famagustas, bewacht von Soldaten. In die Geisterstadt darf nur, wer eine Sondergenehmigung hat. Dafür gibt es einen neuen Bewohner: Seit die Touristen weg sind, nutzt die gefährdete Suppenschildkröte den Strand zum Brüten. 

Kolmannskuppe: vom Diamantenparadies zur Geisterstadt

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Dank des Diamantenabbaus herrschte in Kolmannskuppe früher der reinste Luxus – heute schwer vorstellbar © Nick Fox/shutterstock

Deutsche Eisenbahnbauer waren es, auf die das Entstehen des Ortes Kolmannskuppe Anfang des 20. Jh. zurückgeht. Inmitten der Wüste des damaligen „Deutsch-Südwestafrika“, ca. 10 km östlich der Hafenstadt Lüderitz, stießen sie zufällig auf Diamanten. Eine Siedlung entstand. Der zunehmende Reichtum der rund 400 Bewohner ließ sie inmitten der lebensfeindlichen Umgebung in materiellem Luxus leben. Sämtliche Baumaterialien und Maschinen wurden aus Deutschland importiert, sogar ein Krankenhaus mit der ersten Röntgenstation Afrikas (unter anderem, um Diamantendiebstähle aufzudecken), eine Eisfabrik zur Herstellung von Blockeis für die Kühlschränke, ein Schwimmbad und eine Schmalspurbahn innerhalb des Ortes gab es. Wasser transportierte man aus dem rund 1.000 km entfernten Kapstadt per Schiff herbei. Der Strom stammte vom Elektrizitätswerk in Lüderitz. 
Der Diamantenrausch währte nicht lange – nach rund 20 Jahren versiegte das Vorkommen, 1930 wurde der Diamantenabbau eingestellt. Die Bewohner zogen weiter und ließen ihre aufwändig in der Wüste errichteten Häuser samt Nobel-Möbel zurück. Nachdem die Geisterstadt jahrzehntelang vor sich hin verfiel, entschied die Regierung 1983, einzelne Gebäude zu renovieren und als Freilichtmuseum für Besucher zu eröffnen.

Centralia: wo es unter der Erde seit Jahrzehnten brennt

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Auf den Autobahnen von Centralia sieht man Graffitis, keine Autos. Unter der Stadt brennt es seit 1962 © 716.urbex/shutterstock

Die Hölle auf Erden: Unter der Kleinstadt Centralia (Pennsylvania/USA), einem einst florierenden Bergbaustädtchen, brennt es seit über 50 Jahren. Ursache dafür soll ein 1962 auf einer illegalen Mülldeponie gelegtes Feuer sein, das sich auf eine Kohlemine ausgebreitet hatte. Mehrere Versuche, den unterirdischen Brand zu ersticken, blieben erfolglos. Über 70 Millionen US-Dollar sollen in die Löschversuche geflossen sein. Expertenmeinungen zufolge werde der Brand noch mehrere Hundert Jahre andauern. Obwohl die Stadt unbewohnbar ist, weigern sich einige Einheimische wegzuziehen. Von den mehr als 2.000 Einwohnern sind noch acht Hartgesottene geblieben.