Der für Wien typische Innenhof war ein Ort der Kommunikation. In den Bürgerhäusern des 18. Jahrhunderts lag hinter prunkvollen Fassaden meist ein schlichter Hof, der Lebensmittelpunkt vieler Mieter war. Die Pawlatschen waren seit jeher "Elemente des sozialen Wohnens". Die Menschen trafen einander am Außengang, hängten dort ihre Wäsche auf, was auch manchmal zu Streitereien führte. Der gemeinsame Hausbrunnen wurde in Zeiten der Industrialisierung und der damit einhergehenden Wohnungsnot von der Bassena am Hausflur abgelöst. Höfe und Grünflächen mussten funktionellen Zinshäusern weichen. Heute kann man speziell im 1. Bezirk liebevoll restaurierte Pawlatschenhäuser und gepflegte Innenhöfe entdecken. Der Begriff "Pawlatsche" leitet sich übrigens vom tschechischen Wort "pavlac" ab und steht für schmale, enge, offene (Holz-)gänge, die die einzelnen Wohnungen verbinden und über Außentreppen erreicht werden können.
Auch die "Durchhäuser" sind eine Wiener Rarität und eine touristisch kaum erschlossene Besonderheit. Ein Geheimtipp gewissermaßen. Denn das Durchhaus diente in der Regel als Abkürzung zwischen zwei parallel verlaufenden Straßen, welches von beiden Seiten zugänglich ist. Heute öffnet sich dahinter meist ein Innenhof, in dem Geschäftslokale und Gaststätten untergebracht sind.
Besonders schöne Innenhöfe finden sich vor allem im 1. Bezirk. Die Häuserblocks des Blutgassen-Viertels hinter dem Stephansdom (Blutgasse, Singerstraße, Grünangergasse, Domgasse) gehören zu den ältesten von Wien. Hinter dem Hauseingang der Blutgasse 3 verbirgt sich ein sehenswertes Pawlatschenhaus aus dem 17. Jahrhundert, in der nahe gelegenen Singerstraße gibt es gleich mehrere interessante Höfe. An der Adresse Singerstraße 7 befindet sich das Deutschordenshaus mit zwei Innenhöfen und Fassaden im Stil des 17. Jahrhunderts. Im ruhigen Innenhof des Hauses Singerstraße 11 steht eine prächtige Edelkastanie, das Barockpalais Neupauer-Breuner (Singerstraße 16) hat einen schönen Innenhof mit offenen Pawlatschengängen. Im hübschen Innenhof der Weihburggasse 16 logiert die „Vermischte Warenhandlung" mit einem liebenswerten Sammelsurium an originellen Geschenken und Mitbringseln.
In der Bräunerstraße 3 in der Innenstadt befindet sich das Geburtshaus des Wiener Schauspielers, Dramatikers und Satirikers Johann Nepomuk Nestroy. Den eleganten Pawlatschenhof zieren schmiedeeiserne Gitter, Wandbrunnen und Hängepflanzen. Besonders kunstvolle Schmiedeeisen-Arbeiten kann man im Arkadenhof eines Renaissance-Wohnhauses aus dem 16. Jahrhundert (Bäckerstraße 7) bewundern, sie stammen aus der Sammlung des Biedermeiermalers Friedrich Amerling. Nicht weit davon entfernt verbindet der großzügige Heiligenkreuzerhof die Schönlaterngasse mit der Grashofgasse.
Schöne Innenhöfe finden sich auch außerhalb des 1. Bezirkes. Auf der Einkaufsmeile Mariahilfer Straße führt vom Raimundhof (Mariahilfer Straße 45, 1060 Wien) ein Durchhaus mit mehreren Höfen zur Windmühlgasse, das von kleinen Geschäften und Lokalen belebt wird. Im 7. Bezirk verbinden drei Höfe die Adressen Neustiftgasse 16 und Lerchenfelderstraße 13. Das Durchhaus hat mit seinen Schanigärten und Cafés ein fast schon südländisches Flair. Ruhiger geht es im 1874 erbauten Adlerhof zu, dieses restaurierte Durchhaus führt über fünf treppenförmige Höfe mit zehn Stiegen von der Siebensterngasse 46 zur Burggasse 51.